Zum 90. Geburtstag von Heinz Mack in 2021 würdigt der Kunstpalast Düsseldorf sein Schaffen mit einer eigenen Ausstellung, die einen Fokus auf seine Werke der 1950er bis 1970er Jahre legt und sich mit seinen großen künstlerischen Themen und Materialien auseinander setzt.
Die Ausstellung lief bis zum 30.05.2021 im Kunstpalast Düsseldorf.
- Konzept der Ausstellung Heinz Mack
- Kapitel I – Von der Natur zur Struktur
- Kapitel II – Klang & Dynamische Strukturen
- Kapitel III – Das Sahara-Projekt
- Kapitel IV – Architektur & Bühnenbild
- Kapitel V – Silberlicht
- Kapitel VI – ohne Namen
- Kapitel VII – Wüste
- Kapitel VIII – Arktis
- Epilog
- Warum solltest Du die Heinz-Mack-Ausstellung besuchen
- Weitere Informationen
Der Künstler Heinz Mack stammt ursprünglich aus dem kleinen hessischen Örtchen Lollar nördlich von Gießen und wuchs in Krefeld auf. Ich selbst wohnte acht Jahre während meines Studiums in Gießen und Umgebung – dennoch war mir dieser Künstler, den der Kunstpalast Düsseldorf zum 90. Geburtstag mit einer Ausstellung zu seinen Frühwerken ehrte, bisher nicht bekannt. Nun gut, ich bin kein ausgewiesener Kenner der modernen Kunst, dennoch bin ich nicht abgeneigt, mich dahingehend weiterzubilden. Während eines einstündigen Pressetermins konnte ich die mir neben der Caspar-David-Friedrich-Ausstellung auch diese Ausstellung in Düsseldorf ansehen.
Konzept der Ausstellung Heinz Mack
Die Ausstellung umfasst rund 100 teils raumgreifende Arbeiten, wie es der Kunstpalast formuliert, die überwiegend aus den 1950ern bis Ende der 1970er Jahren stammen und Heinz Macks Werdegang zeigen sowie sein wohl zentrales Œuvre – das Licht. Es ist nur eines der vielen immateriellen Werkstoffen, mit denen er im Laufe seiner künstlerischen Schaffens arbeitete.
Heinz Mack war zu Beginn der 1960er Jahre ein bedeutender Wegbereiter für ein neues Kunstverständnis. In Düsseldorf gründete er mit Otto Piene 1958 ZERO, eine künstlerische Bewegung mit internationalem Widerhall. Aus der Sammlung des Kunstpalastes wie auch von den öffentlichen Plätzen der Stadt ist seine Kunst nicht wegzudenken.
Felix Krämer, Generaldirektor Kunstpalast
Die künstlerische Laufbahn Heinz Macks begann aber schon vor der Gründung von ZE RO in Düsseldorf. Von 1950 bis 1953 besuchte er die Staatliche Kunstakademie in der Rheinmetropole. Später formte er ZERO, zu der ab 1961 auch Günther Uecker angehörte, die erste Avantgardebewegung der Nachkriegszeit im frisch geteilten Deutschland. Die Gruppe führte bis 1966 zahlreiche Ausstellungen und Aktionen durch und war u.a. auf der documenta II (1959) sowie III (1964) in Kassel vertreten, später war Mack mit anderen Künstler auch auf der Biennale von Venedig zu sehen sowie als Professor in Osaka (Japan) tätig und erhielt unzählige Preise für seine Werke.
Kapitel I – Von der Natur zur Struktur
Der erste Eindruck, als ich den Ausstellungsraum betrete: eine reduzierte, großzügig gestaltete Ausstellung voller Skulpturen, die fast überdimensional sind, in friedlicher Co-Existenz mit kleineren Werken. Im ersten Abschnitt der Ausstellung hätte ich auch fast ein kleines Ausstellungsstück als Einrichtung übersehen. Farbstufen (1955/57) wirkte im ersten Moment auf mich wie eine Klimaanlage oder etwas zur Regulierung der Luftfeuchtigkeit, was in Museen ja nicht unüblich ist.
Dazu gesellen sich meterhohe Holzskupturen. Die Skulpturen bestehen nicht nur aus Holz, sondern greifen auch weitere Naturthemen wie Wiesen und Gras auf. Diese frühen Werke von Heinz Mack spiegeln die Auseinandersetzung mit den natürlichen Strukturen von ländlichen Gegenden, wie er es aus Lollar kannte, wieder. Gemeinsam mit seiner Mutter und Schwester evakuierte er während des Zweiten Weltkriegs wieder nach Lollar, wo sein Onkel ihn seine Leica-Kamera lieh. Damit fotografierte er seine Umgebung und lernte alles rund um analoge Fotografie, was wiederum in seine späteren Arbeiten einfloss.
Einige dieser Fotos geben direkt am Eingang des Ausstellungsparcours einen Einblick in diese Zeit. Zu Das hohe Gras (1954/55) und Großes Wiesenstück (1954) sowie Totem (1954) gesellt sich auch ein schöner Kontrast. Die Artistin (2007) aus poliertem Edelstahl, die mir persönlich durch ihre Reduziertheit auf wenige Ringe und Halbringe sehr gut gefällt. Witzig sind auch die Holzhutmodelle (um 1952), die mit Patina (teilweise sogar vergoldet) überzogen sind.
Aber auch das neuere Werk Black Rotation (2008) aus Acryl auf Holz spricht mich an. Es erinnert mich an Lakritzschnecken, aber auch an Vinyl, manchmal auch an eine Wendeltreppe. Je länger ich drauf sehe, desto mehr Assoziationen verbinde ich mit dem 180 cm (im Durchmesser) messenden schwarzen Rund.
Schon in dieser Phase zeigt sich die Vielfältigkeit seines Werkes: Refliefs, Malereien, kinetischen Arbeiten entstanden zusätzlich zu den Skulpturen.
Kapitel II – Klang & Dynamische Strukturen
Eine weitere Parallele zu meinem Leben tut sich in diesem Kapitel der Ausstellung auf. Heinz Mack nahm wie ich früh in seinem Leben Klavierunterricht. Während ihm die Musik Impulse für seine Kunst gab, hat es bei mir “nur” für Social Media bei Steinway gereicht. ;) Während mir Bach zu technisch und mathematisch ist, hilft dessen Dynamik auch Macks Werken. Die weiträumigen Klangarchitekturen fixiert er bildlich in seinen Strukturen.
Die dabei enstandenen Werke sind dabei auch oft gut in der eigenen Wohnung vorstellbar. Vor allem Wandrelief für ein Musikzimmer (1955) aus Schallplatten und Holz sind für mich als Vinyliebende perfekt. Dazu habe ich aber auch die 1960er vor Augen und Mad Men. Das durchgestylte Appartement von Don Draper und seiner zweiten Frau würde perfekt dazu passen, aber auch generell die orange Farbwelt mit kreisförmigen Tapetenmustern.
Melodie und Rhythmus (1954) aus Eschenholz hingegen sieht wie eine moderne Harfe aus und Schwarzes Relief- Das schwarze Klavier (1958) zeigt ebenso wie Das Klavier Konzert (1958) deutlich die biographischen Züge von Heinz Macks Werken. Auch Werke mit dynamischen Elementen, die eine optische Vibration erzeugen, – wie Weißer Rotor (1958) – entstehen in dieser Phase, die mit der Gründung von ZERO zusammenfallen.
Kapitel III – Das Sahara-Projekt
Schon früh fasziniert die größte Trockenwüste der Welt den Künstler. Auch in seinem Schaffen bekommt die Sahara früh einen hohen Stellenwert. Es ist sein Sehnsuchtsort. Das 1959 verfasste, 9-seitige Skript zum Sahara-Projekt findet sich auch in der Ausstellung. Mit wenigen Mitteln hatte er zuvor die nordafrikanische Wüste bereist – 1955, als Fernreisen für den Normalbürger noch unmöglich erschienen, setzte er seinen Traum mit einem VW Käfer in die Tat um.
Die Unendlichkeit und das harte, stetig wechselnde Licht der Sonne so kurz vor dem Äquator treiben Heinz Mack an. Hinzu kommt die fast lebensfeindliche und unwirkliche Natur, die dem Künstler zahlreiche Perspektiven eröffnete, gepaart mit der oft unendlichen Stille der Wüste, wenn kein anderes Lebeweisen weit und breit zu sein scheint. Hier scheint die Zeit jegliche Bedeutung zu verlieren.
Licht ist für mich ein immaterielles Medium, das materielle Gegenstände in immaterielle Erscheinungen verwandeln kann.
Heinz Mack
Das alles inspirierte Heinz Mack zu seiner Idee eines künstlichen Gartens aus Licht, welches er in seinem Manuskript festhielt. Darin skizzierte er eine Reihe von Lichtexperimente und -versuche, bei der Spiegel, Stelen und Segel zum Einsatz kommen sollten. Diese als “Instrumente” bezeichneten Kunstwerke sollten verschiedene Lichterscheinungen inmitten der Wüster erzeugen. Ein Instrument ist der Transparente Lichtkubus (1960) aus Acryl- und Kristallglas auf Marmor, den ich auch sehr mochte. Verschieden hohe Glasplatten sind in einem Kubus aus Acryl hintereinander der Größe nach aufgestellt und so entstehen verschiedene Schattenwürfe.
Kapitel IV – Architektur & Bühnenbild
Weiter geht es aber mit Auftragsarbeiten. Wie für die Welthungerhilfe aus Bonn, die in den 1960ern Jahre in einem Krankenhaus im Senegal von Heinz Mack einen Wartebereich gestalten ließ (Wassermauer (1965)). Davor gestaltete er bereits eine Fassade der ehemaligen Mathildenhofschule in Leverkusen. Für beide Aufträge verwendete er Beton und arbeitete wie in seinen Gemälden nun mit Zacken und Wellen – “Parallelzonen” genannt. Auch hier findet sich wieder ein Bezug zur Sahara mit dem 13 m hohen Sahara-Relief (1960/61), dessen Foto auf eine “fast so hohe” Wand in der Ausstellung aufgezogen wurde. Oder auch Die weiße Wüste (1959/60) und das Sandrelief – Sandwellen (1958), bei dem er u.a. mit Sand arbeitete.
Auch für Bühnenbilder, z.B. der Deutschen Oper am Rhein in Düsseldorf und Dusiburg oder das Düsseldorfer Schauspielhaus, setzte er zwischen 1968 und 1984 seine Architekturreliefs und andere Materialien ein.
Kapitel V – Silberlicht
Die hier gezeigten Arbeiten entstanden fast ausschließlich in Heinz Macks zweijähriger Zeit in New York (1964-66). ZERO hatte eine Ausstellung in der Howard Wise Gallery und er flog das erste Mal in die USA – und kehrte erst zwei Jahre später ins Rheinland zurück. Die schachbrettartige, auf dem Reißbrett geplante Struktur Manhattans nahm ebenso Einfluss auf seine Werke wie auch die Beleuchtung der Stadt. Nicht umsonst heißt auch ein Werk Manhattan Stadtplan (1964).
In dieser Zeit arbeitet Mack überwiegend mit Aluminium und erzeugt wabenartige Strukturen aus den Metallgittern. Außerdem setzte er Spiegel, Reliefs und andere Formen ein, aufgehangen im Raum. Das sich durch die Bewegung der Formen reflektierende Licht sowie die Schattenwürfe soll den Raum erfüllen, was sich besonders am Rondo (1963/64) nachverfolgen lässt. Die 9-teilige Installation vereint Acrylglas, Aluminium, Edelstahl, Holz und Nylon, angetrieben von Motoren. Er zwingt also das Licht an der Mitarbeit und es wird somit zum Teil der Installation. Dazu wird allein schon im Titel wieder die Nähe zur Musik deutlich.
Für mich ist die Bewegung die eigentliche Form des Bildes. Die Bewegung gibt den Farben und Formen ihre räumliche Ordnung.
Heinz Mack
Angesprochen hat mich auch das Tryptichon Japanische Trias (1970), welches aus Aluminium, Holz, Glas und elektrischen Motoren besteht. Vieles erinnert mich in diesem Teil der Ausstellung an das Bauhaus, an die Lichtexperimente von László Moholy-Nagy in der Fotografie und die Formen von Josef Albers.
Kapitel VI – ohne Namen
Die Verwendung von Lichtkinetik setzt sich auch in elektronisch unterstützen Installationen wie Lichtventilator (2009) fort. Gezeigt wird hier auch der Dokumentarfilm Tele-Mack von 1968 des Saarländischen Rundfunks (SR). Leider hatte ich aufgrund der mir nur begrenzt zur Verfügung stehenden Zeit keine Chance, hier tiefer einzusteigen.
Kapitel VII – Wüste
Die Sahara und Heinz Mack – eine lebenslage kreative Beziehung. Die extreme Intensität des Lichts verhalf ihm, das Höchstmaß an künstlerischen Möglichkeiten für ihn auszuschöpfen. Für seine temporären Installationen reiste er gemeinsam im März 1976 mit dem damaligen Stern-Fotografen Thomas Höpker nach Algerien in die Sahara, um seine Werke zu dokumentieren. Was würde ich dafür geben, mit dem Magnum-Fotografen Thomas Höpker zu arbeiten, der unter anderem für seine Muhammad-Ali-Fotos berühmt geworden ist.
Mein Lieblingsstück in diesem Teil der Ausstellung: Schrein der Leere (Version rot-orange), 1968/69 aus Acryl- und Kristallglas, partiell verspiegelt. Es ist für mich ein Ausdruck der jetzigen Zeit, in der Atheismus die Überhand gewinnt. Die Anbetung eines Gottes ist obsolet geworden und Schreine somit auch. Doch vielleicht ersetzen wir mit materiellen Dingen auch einfach nur diese Leere (dargestellt durch das farbige Innenleben)? Apple, Soziale Medien oder einfach nur der schnöde Mammon – so ganz ohne Erstatzreligion geht es dann doch irgendwie nicht. Aber das ist meine rein persönliche Interpretation.
Kapitel VIII – Arktis
Das letzte Kapitel der Ausstellung widmet sich dem extremen Gegenteil zur Wüste – die Arktis. Seinem Ziel, neue Räume der Kunst zu suchen, wurde Heinz Mack auch hier gerecht. Nach der Sahara-Reise im März unternahm er hierhin im Juni 1976 die zweite Reise mit Thomas Höpker. Gemeinsam mit einem Team reisten sie in die Baffin Bay (zwischen Grönland und Kanada), wo er seine Lichtexperimente an Land, auf Wasser und Eis durchführte und wieder fotografisch durch Höpker begleiten ließ. Beeindruckend fand ich die Licht-Blumen in der Arktis (1976), eine In-situ-Arbeit in der Diskobucht der Baffin Bay, die aus reflektierenden “Blumen” mit einem Durchmesser von ca. 2,50 m bestand.
Ob Eiswüste oder Dünenmeer – die Reinheit und Grenzenlosigkeit des Raums ist identisch. Aber das Licht ist melancholisch – im Gegensatz zur Wüste.
Heinz Mack
Dem ähnlich oder angelehnt scheint der aus Edelstahl gefertigte Silver-Fan (2014) zu sein, der ungeahnte Persepktiven des Ausstellungsraumes möglich macht.
Epilog
Seit den 1990er Jahren arbeitete Heinz Mack auch wieder als Maler und widmete sich seiner ausgedehnten Reihe von Gemälden namens Chromatische Konstellationen. Zuvor hatte er rund 20 Jahre nicht mehr in dieser Richtung gearbeitet. Doch wie der Name schon vermuten lässt, geht es auch hier ums Licht. Genauer gesagt um die Zusammensetzung des Spektrum des Lichts und seine Intensität, mit der er auch in seinen großflächigen Werken arbeitet.
Zu der bis heute fortgeführten Serie gesellt sich auch eine motorbetriebene Installation, die Farb-Rotation (1968/69), die den Abschluss der Ausstellung markiert. Gekonnt spiegelt sich alles im Modell der Arbeit Ohne Titel (2016) aus Edelstahl. Es findet gefühlt alles zusammen, was Heinz Macks künstlerisches Schaffen ausmacht.
Warum solltest Du die Heinz-Mack-Ausstellung besuchen
Öfters mal was Neues! Heinz Mack ist ein Pionier der modernen Kunst der Nachkriegszeit, den ich noch nicht kannte. Dennoch hat mir der Besuch der Ausstellung viel Freude bereitet und meinen Horizont erweitert. Sicherlich sind nicht alle Werke nach meinem Geschmack oder Deinem, aber lass Dich auf die Erfahrung ein! Du wirst es nicht bereuen.
Weitere Informationen
Die Ausstellung lief vom 10.03.-30.05.2021.
KUNSTPALAST
Ehrenhof 4-5
40479 Düsseldorf
Buchtipp/Austellungskatalog*:
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Fotos: Soweit nicht anders angegeben, unterliegen die Fotos meinem Urheberrecht und dürfen nicht ohne Genehmigung verwendet werden. Die gezeigten Werke der Ausstellung unterliegen dem Urheberrecht von Heinz Mack. Die Fotos sind daher nur für redaktionelle Zwecke zur Verdeutlichung der Ausstellung entstanden und verwendet. Alle meine Fotos findest Du auf Flickr.
Offenlegung: Ich war als Vertreter der Presse kostenlos in der Ausstellung – bei der Wiedereröffnung des Kunstpalastes im März 2021 bei einem einstündigen Presseslot. Meine Meinung blieb davon unbeeindruckt.
Hallo Romy – Danke für den Artikel!
Ich finde moderne Kunst ja immer etwas anstrengend, muss aber sagen kein anderer Kunststil regt mich so sehr zum Nachdenken an wie eben die moderne Kunst.
Schön, dass man jetzt auch mal wieder in ein Museum gehen kann.
Hau rein und genieße den Sommer!
LG Heike
Danke Dir, liebe Heike, für diesen ehrlichen Kommentar. Ich kann Dir nur beipflichten.
Wünsche Dir alles Gute und einen tollen Sommer! Schön, von Dir zu lesen.
Auf bald, Romy