Hochformatiges Bild im Goldrahmen: Caspar David Friedrich, Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1970.

Caspar David Friedrich –
Kunst für eine neue Zeit,
Hamburger Kunsthalle

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Um diesen Namen kommt in der Kunstwelt 2024 keiner herum: Caspar David Friedrich. Des Malers Geburtstag jährt sich zum 250. Mal. Die Hamburger Kunsthalle eröffnete den munteren Reigen der großen Ausstellungen in Deutschland bereits am 15. Dezember 2023 – und die Ausstellung, welche bis 01.04. lief, war bereits seit Ende Februar 2024 restlos bis auf die letzte Karte ausverkauft! Komm dennoch mit auf eine Tour durch die erste große Ausstellung im Caspar-David-Friedrich-Jahr 2024.

Dieser Beitrag kann Affiliate-Links (Werbelinks) enthalten – diese sind mit einem Sternchen * gekennzeichnet.

Kunstausstellungen erleben einen wahrhaft großen Andrang in den letzten 1-2 Jahren. Wie sehr habe ich doch Anfang 2023 versucht, eine Karte für die Vermeer-Ausstellung in Amsterdam zu bekommen. Doch selbst Kulturschaffende in der niederländischen Hauptstadt hatten kaum eine Chance, an Karten für das Rijksmuseum zu gelangen. Der Run war einfach riesig.

Daher war mir bei dem großen Jubiläum von Caspar David Friedrich klar, dass ich mir für die großen Ausstellungen in Hamburg, Berlin und Dresden direkt von Anfang an Tickets für den Beginn dieser Ausstellungen sichern sollte. Die Alte Nationalgalerie in Berlin, deren Ausstellung “Caspar David Friedrich. Unendliche Landschaften” am 19. April 2024 beginnt, erkannte ebenfalls die starke Nachfrage und gab bereits Mitte Januar den Verkaufsstart bekannt.

Auch für Dresden im Albertinum und Kupferstecherkabinett gibt es für die Ende August beginnenden Ausstellungen bereits Tickets. Doch auch in kleineren Orten wie Weimar oder in Friedrichs Geburtsstadt Greifswald wird das Caspar-David-Friedrich-Jahr mit zahlreichen Ausstellungen und Aktionen begangen und es lohnt ein Besuch.

Caspar David Friedrich in der Hamburger Kunsthalle

Die Ausstellung Caspar David Friedrich – Kunst für eine neue Zeit in der Hamburger Kunsthalle widmete sich in drei Teilen, weitreichend verteilt über die Gebäude zwischen Hauptbahnhof und Alster, nicht nur der Biografie und dem Schaffen des Malers. Auch sein Einfluss auf die Künstler:innen von heute nimmt einen großen Teil der Ausstellung ein – eben Kunst für eine neuen Zeit. Eine Zeit nach ihm. Nach uns?

Epilog - Eingang zu Caspar David Friedrich, Kunst für eine neue Zeit, Kunsthalle Hamburg - zwei Wände über Eck, rechts: einleitender Text zur Ausstellung, links ein Portrait, Durchgang zum nächsten Raum links neben dem Text an der rechten Wand.
Epilog – Eingang zu Caspar David Friedrich, Kunst für eine neue Zeit

Eingang & Erdgeschoss

Wie die meisten Ausstellungen aktuell, hat auch die Hamburger Kunsthalle auf Zeitfenster für die Ausstellung gesetzt, um Besucherströme besser zu lenken. Nur in dem Zeitslot war es garantiert, dass Du die Ausstellung besuchen konntest. Das sehe ich immer häufiger und ist in manchen Museen, wie z.B. im Moco in Amsterdam, sogar um einiges preiswerter als ein völlig flexibler Eintritt. Mir persönlich kommt das Konzept entgegen, da ich so besser meine Zeit planen kann.

Der Eingang zur Ausstellung befand sich im Cube, in der Galerie der Gegenwart. Leider gab es hier schon einen kleinen Tiefpunkt im Gesamteindruck. Denn es gibt hier viel zu wenig Schließfächer für Taschen, denn Rucksäcke usw. werden von der Garderobe nicht angenommen. Pech also, wenn man kein Schließfach ergattert oder noch irgendwo Kleingeld organisieren muss, im Besitz eines Zeittickets ist, aber dann unnötig Zeit verloren geht, weil die Garderobe in der Kunsthalle nur Jacken und Mäntel annimmt. Habe ich bis dato auch in keinem anderen Museum so bzw. auch so schlecht organisiert erlebt.

Teil 1, Caspar David Friedrich – umfangreiche Werkschau in der Hamburger Kunsthalle

Die komplette erste Etage in der Galerie der Gegenwart widmete sich die Hamburger Kunsthalle Hamburg allein und ausschließlich dem Maler der Frühromantik, der mit seinen Werken nicht nur die Landschaftsmalerei nachhaltig veränderte, sondern auch, wie wir heute Menschen in Landschaftsszenen integrieren. Er legte für mich den Grundstein, wie wir Einzelpersonen auch heute auf Instagram inszenieren.

Dies kann man durchaus kritisch sehen, so wie “@Aus_der_UBahn” in seinem Beitrag.

(Selbst-)Portraits

Doch fangen wir vorne an. Der Einstieg in die Ausstellung bilden zahlreiche Portraits des Malers. Einige Selbstportraits, aber auch aufwendige Kunstwerke, von denen einige nur wenige Jahre vor seinem Tod entstanden.

Selbstbildnisse von Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg. Drei gerahmte Bilder, links Querformat, rechts zwei Hochformat. Hochformate schauen in entgegengesetzte Richtungen, im Querformat sind zwei Bildnisse, beide schauen nach rechts. Darunter Beschreibungstexte zu den Bildern.
Selbstbildnisse, Vorzeichnungen zu Holzschnitten und Holzschnitte von Christian Friedrich, basierend auf Bildern von Caspar David, um 1802 bzw. nach 1805
Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett

Der oft als in Vergessenheit geratene dargestellte Künstler war wohl dennoch bei manchen Zeitgenoss:innen hoch angesehen. Auch die Darstellungen von Caspar David Friedrich sind bemerkenswert – mal als energische, entschlossene Persönlichkeit, mal als präzise und kontrollierter Maler an seiner Staffelei, mal eher impulsiv und willensstark oder doch der aufmerksame Beobachter? Ein vielschichtiger Künstler.

Zwei Gemälde von unerschiedlichen Malern von Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg. Links zeigt den Maler an einer Staffelei sitzend, in einem Atelier. Das linke ist ein klassisches Portrait mit Backenbart und hochgestelltem Mantelkragen.
Links: Caspar David Friedrich in seinem Atelier, 1811 – Georg Friedrich Kersting, Hamburger Kunsthalle
Rechts: Der Maler Caspar David Friedrich, um 1808 – Gerhard von Kügelgen, Hamburger Kunsthalle

Lesetipp

Den wohl passendsten Roman für das Caspar-David-Friedrich-Jubiläumsjahr 2024 liefert Kunstexperte und Autor Florian Illies mit “Zauber der Stille: Caspar David Friedrichs Reise die Zeiten”, den Du u.a. bei amazon bestellen* kannst.

Naturstudien

Danach zieht sich chronologisch die Biografie Caspar David Friedrichs durch die Kunsthalle. Angefangen mit den Experimenten der frühen Jahre, dem Aufbau einer Sammlung an Motiven, die er in seinen Atelierwerken nach Jahren und Jahrzehnten wieder aufgreift und einbaut. Aquarelle aus seiner Studienzeit an der Kopenhagener Akademie und frühe Naturstudien, zahlreiche Bäume, Sträucher und Felsen, die anschließend in seiner Dresdener Zeit bei Ausflügen in der Umgebung entstanden. Ebenso Wolkenstudien und vieles mehr.

Pflanzen- und Blattstudien, Zeichnungen mit Bleistift, Tinten. Zwei hochformatige Bilder mit großen Paspartou, darin Studien/Skizzen verschiedener Pflanzen.
Rechts: Pflanzen- und Blattstudien, 26. Juni 1799, Feder in Schwarzgrau, laviert, Bleistift, Tintenproben – Staatliche Museen zu Berlin, Kupferstichkabinett.
Links: Pflanzenstudien, 27. Juni und 20. Juli 1799, Feder in Braun und Grau, Bleistift – Staatliche Museen zu Berlin, Kuperstichkabinett

Dazu widmete er sich anfangs auch der Darstellungen von Personen in den Landschaften. Sein Bruder Christian fertigte von einigen seiner Motive Holzschnitte an, die in der Ausstellung zu sehen waren. Sie zeigen Menschen mit zahlreichen Emotionen, aber vor allem Trauer oder gar Verzweiflung. Später finden sich solche Szenen nicht mehr in seinen Werken. Denn ab 1802 widmete sich Caspar David Friedrich konsequent seinen Landschaften. Klar wird hier, dass der Maler sich als Akademiestudent mit künstlerischen Traditionen auseinandersetzte, aber seinen eigenen Weg suchte und einschlug.

Naturstudien an einer Wand (rechts), in der Ecke zu einer anderen Wand steht ein Mann und betrachtet eines der Bilder. Acht Naturstudien rechts, ein Bild an der Wand hinter dem Mann.
In der Ausstellung – Naturstudien

Besonders gefallen hat mir die Gegenüberstellung der Skizze (Bleistift, Feder in Schwarzgrau, Pinsel in Schwarzgrau) mit einer gut ausgearbeiteten Radierung des Regensteins im Harz, die Caspar David Friedrich im oberen Bereich stark veränderte. Landschaftsradierungen und -grafiken waren am Ende des 18. Jahrhunderts typisch für die Dresdner, mit denen sich der Maler umgab. Bemerkenswert ist dabei, dass Friedrich deutlich geordneter Dinge auf seinem Zeichenuntergrund anordnet und Linien sowie Vektoren im Bild aufgreift. Oftmals sind in den Skizzen hier Hilfslinien zu sehen, die das Bild in Quadrate aufteilen.

Der Regenstein im Harz. 2 Bilder übereinander - oben (Hochformat): um 1800, Radierung, Hamburger Kunsthalle, Kuperstichkabinett unten (Querformat): um 1800, Bleistift, Feder in Schwarzgrau, Pinsel in Grau, Hamburger Kunstahlle, Kupferstichkabinett
Der Regenstein im Harz
Oben: um 1800, Radierung, Hamburger Kunsthalle, Kuperstichkabinett
Unten: um 1800, Bleistift, Feder in Schwarzgrau, Pinsel in Grau, Hamburger Kunstahlle, Kupferstichkabinett

Rügen – Auf dem Weg zu einer neuen Bildauffassung

Auch die sich anschließenden Rügenzeichnungen sind zum Großteil quadriert. Auf Rügen hielt sich Friedrich 1801/02 längere Zeit auf, bevor er wieder nach Dresden zurückkehrte. Er erschloss sich die Insel und brachte neue, unverbrauchte Motive mit. Er achtete auf eine betont sachliche, eher nüchterne Darstellung der Landschaften. Keine Hervorhebungen oder aussagekräftige Bauwerke, dafür aber Weitwinkel und Panoramen, um die Weite der Insel und ihre Landschaften festzuhalten. Die Motive wurden zunehmend zu einer Einnahmequelle für Friedrich.

Zwei farbige Bilder überinander. Oben (Hochformat): Rügenlandschaft mit Meeresbucht, um 1802, Gouache über Bleistiftspuren, scharz umrandet, Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlungen. Unten (Querformat): Hütte mit Ziehbrunnen auf Rügen, um 1802, Gouache, schwarz umrandet, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett.
Oben: Rügenlandschaft mit Meeresbucht, um 1802, Gouache über Bleistiftspuren, scharz umrandet, Klassik Stiftung Weimar, Graphische Sammlungen
Unten: Hütte mit Ziehbrunnen auf Rügen, um 1802, Gouache, schwarz umrandet, Hamburger Kunsthalle, Kupferstichkabinett

Die beiden einzig erhalten gebliebenen Rügen-Gouachen aus dieser Schaffenszeit zeigen hier schon den ausgezeichneten Umgang Caspar David Friedrichs mit Farbe und deren unmittelbarer Wirkung.

Frühe Ölgemälde & Der Mönch am Meer

Langsam wandte sich Caspar David Friedrich der Ölmalerei zu und schuf Landschaften, die wenig spezifisch sind. Dazu tauchen immer wieder Kreuze in seinen Werken auf. So zeichnete er die Ruine Eldena mit Begräbnis (bei Greifswald, nach 1801), also einem Friedhof an der Klosterruine, zu dem natürlich ein Kreuz gehört, das die Aufmerksamkeit auf sich zieht. Mir persönlich gefallen die Winterlandschaften (1811), vor allem das mit der Kathedrale im Nebel und dem eher fast unscheinbarem Kreuz vor zwei Tannen.

Die Landschaften sind dabei sehr detailgetreu, aber eben auch angeordnet. Kaum einer seiner Landschaften existierte so in der Realität. Nach und nach gesellen sich auch immer wieder, eher kleine Personen hinzu – wie beim berühmten Mönch am Meer (1808-1810). Eines der wohl am meisten belagertsten Bilder der Ausstellung in der Hamburger Kunsthalle. Der Mönch repräsentiert eine größere Gruppe, ist doch aber als Individuum erkennbar. Unklar ist dessen Identität, denn er wendet sich konzentriert der Landschaft zu. Für mich der Vorläufer der heutigen Instagram-Ästhetik.

Mönch am Meer (1808-1810) in goldenem Rahmen,
Öl auf Leinwand, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie.
Mönch am Meer, 1808-1810, Öl auf Leinwand, Staatliche Museen zu Berlin, Nationalgalerie

1810 wurde das Gemälde in der Berliner Akademieausstellung gezeigt, von der es König Friedrich Wilhelm III. erwarb und so den frühen Ruhm des Malers begründete. Er wurde Mitglied an der Berliner Akademie der Künste und gleichzeitig interpretierten die größten Dichter und Denker, wie Clemens Brentano und Achim von Arnim sowie Heinrich von Kleist, sein Werk und mehrten seinen Ruhm.

Weitere religiöse Bilder

Eine Reise ins Riesengebirge 1810, bei dem Caspar David Friedrich an der Klosterruine Oybin in der Oberlausitz vorbei kam, inspirierten ihn zu weiteren religiösen Bildern. Die Ruine des Cölestinerklosters zog ihn in seinen Bann, so dass um 1811 mehrere Bilder und Skizzen entstanden. Doch auch zehn Jahre später, als er 1823/24 die Sakristei in seinem Werk Huttens Grab erneut aufgreift, beeinflusst ihn diese Reise noch.

Auch andere Künstler, wie Carl Blechen oder Carl Gustav Carus, beeinflusste Friedrich mit seinen Bildern der Klosterruine, so dass auch sie die Ruine bei Zittau sowie ihren Friedhof in ihren Werken aufgriffen. Ein Motiv, dass so tief in der deutschen Romantik verwurzelt wurde. Eine ganz wunderbare Gegenüberstellung der Motive.

Mann steht rechts vor drei Bildern, überdeckt das Bild rechts, betrachtet Carl Gustav Carus: Friedhof auf dem Oybin, 1828, Öl auf Leinwand, Museum der bildenden Künste Leipzig, Links im Halbschatten kleineres, quadratisches Bild von Carus: Fenster am Oybin bei Mondschein, 1825-1828, Öl auf Leinwand, Museum Georg Schäfer, Schweinfurt.
Carl Gustav Carus: Friedhof auf dem Oybin, 1828, Öl auf Leinwand, Museum der bildenden Künste Leipzig

Dazu passend auch Ruine Eldena im Riesengebirge (1830-1834), bei der der Gestaltungsspielraum von Caspar David Friedrich deutlich wird, seine Vielzahl an Motiven so geschickt miteinander zu kombinieren, so dass eine Klosterruine bei Greifswald auf einmal in Böhmen steht – und das total logisch erscheint. Auch mein Lieblingsbild Kreuz im Gebirge (um 1812), welches bereits in der Düsseldorfer Ausstellung zum Verhältnis Caspar David Friedrichs mit den Düsseldorfer Romantikern hing, ist hier zu finden. Die Farbgebung und Symmetrie faszinieren mich.

Mensch-Natur-Verhältnis – Natur als Übermacht

Langsam näherte ich mich einem der großen Naturgemälde Friedrichs, dem Eismeer (1823/24), dem die Hamburger Kunsthalle einen eigenen kleinen Raum gewidmet hat. Dem Bild ist ein sehr strenger Winter vorausgegangen, bei dem auch die Elbe zeitweilig zufror. Einige Ölskizzen von Eisschollen sind auch dabei, auf dessen Grundlage er dann dieses modern anmutende Gemälde schuf – in einer Zeit, in der Polarexpeditionen immer weiter in den kalten Norden vordrangen.

Auch im nächsten Raum wird mit dem Watzmann (1824/25) die Übermacht der Natur demonstriert. Caspar David Friedrich malte dieses Bild, obwohl er nie in den Alpen war. Basierend womöglich auf seiner eigenen Harzreise 1811 und Studien seines Schülers August Heinrich, die dieser vor Ort festgehalten hatte. Eine ganz bewusste Komposition, in der Menschen abwesend sind, in der die Natur fern, entrückt wirkt und das ewige Eis für uns in Zeiten des Klimawandels nicht mehr so ewig erscheint.

Hinzu kommen Bilder mit eindeutig politischer-patriotischer Neigung, bei der deutsch-nationale Motive übernommen wurden, wie beim Felsental (Das Grab des Arminius) (um 1813), bei dem er die Sage um Hermann, den Cherusker, und die Varusschlacht im Teutoburger Wald aufgreift. Auch Der Chasseur im Walde (um 1813) soll zu den wenigen Bildern mit patriotischem Hintergrund Friedrichs zählen, zeigt aber auch wieder eine Rückenfigur – die eines anscheinend französischen Soldaten, der einsam herum irrt. Es entstand zur Zeit der siegreichen Befreiungskriege gegen Napoleon.

Hochformatiges Bild in kunstvollem Goldrahmen: Der Chasseur im Walde, um 1813, Öl auf Leinwand, Privatbesitz.
Der Chasseur im Walde, um 1813, Öl auf Leinwand, Privatbesitz

Die Highlights

Zuletzt dürfen aber auch die großen Werke Caspar David Friedrichs in der Hamburger Kunsthalle nicht fehlen. Während ich zwar über sechs Jahre in Hamburg lebte, war das mein erster Besuch in der Kunsthalle. So war es auch für mich das erste Mal, dass ich vor dem Wanderer über dem Nebelmeer (um 1817) stand. Der Inbegriff des Instagram-Fotos. Ikonisch und stilprägend.

Hochformatiges Bild im Goldrahmen: Caspar David Friedrich, Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1970.
Wanderer über dem Nebelmeer, um 1817, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle, Dauerleihgabe der Stiftung Hamburger Kunstsammlungen, erworben 1970.

Dazu gesellen sich auch Zwei Männer in Betrachtung des Mondes (1819/20) sowie Mondaufgang am Meer (1822), gepaart mit ein paar Skizzen, die den Motiven als Vorlage dienten. Zum ersten Mal stehe ich auch vor dem Bild, dass mich in der Schule bereits faszinierte: Kreidefelsen auf Rügen (um 1818-1822). Wusstest Du eigentlich, dass diese Ansicht auf Rügen gar nicht existiert? Auch hier hat Caspar David Friedrich erneut mehrere Ansichten kombiniert und so die Wirkung der Felsen auf den Betrachtenden verstärkt.

Beeindruckend sind auch die zahlreichen Seestücke, wie Schiffe auf der Reede (um 1818). Ein relativ kleines Bild, dessen Pinselstriche bei der Takelage bewundernswert filigran sind. Immer wieder widmet sich Friedrich der Küste, dem Leben der Fischer und Schiffen – als gebürtiger Greifswalder sind ihm diese Motive von klein auf vertraut. Diese beiden Bilder hingen bereits auch in der Ausstellung über Ölstudien im Kunstpalast Düsseldorf.

Zwei kleine Bilder mit teils großem Goldrahmen, querformatig, Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg. Links: Küstenlandschaft im Morgenlicht, um 1817, Öl auf Leinwand, Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck.
Rechts: Schiffe auf der Reede, um 1818, Öl auf Leinwand, Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck, Leihgabe aus Berliner Privatsammlung.
Links: Küstenlandschaft im Morgenlicht, um 1817, Öl auf Leinwand, Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck
Rechts: Schiffe auf der Reede, um 1818, Öl auf Leinwand, Museum Behnhaus Drägerhaus, Lübeck, Leihgabe aus Berliner Privatsammlung

Stimmungen, Mistreiter & Spätwerk

Den Abschluss bildeten eine Vielzahl an stimmungsvollen Gemälden, bei dem Caspar David Friedrich mit Wolken, Nebel und Licht in den verschiedensten Farben spielte, zum Beispiel bei diversen Abendstimmungen. Dazu kamen immer mehr weite Stadtansichten aus der Ferne, gepaart mit diesen Stimmungen, wie bei dem unvollendeten Das brennende Neubrandenburg (um 1834).

Zwei sehr kleine Bilder in Goldrahmen, quer, etwas weiter auseinander von Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg. Links: Abend, 1824, Öl auf Karton, Kunsthalle Mannheim. Rechts: Abendlicher Wolkenhimmel, 1824, Öl auf Leinwand, Belvedere, Wien.
Links: Abend, 1824, Öl auf Karton, Kunsthalle Mannheim
Rechts: Abendlicher Wolkenhimmel, 1824, Öl auf Leinwand, Belvedere, Wien

Auch seine Heimat Greifswald verewigte er in den drei Blicken auf Greifswald (1817 bis 1822), zu der er bis 1826 regelmäßig zurück kehrte. Ein Blick, den man heute übrigens noch gut nachstellen kann.

Blick über eine Wiese und zwischen zwei Bäumen hindurch auf die Silhouette von Greifswald mit zwei Kirchtürmen und einem Kran, der den dritten Turm verdeckt (2023), ähnlich dem Bild Wiesen bei Greifswald von Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg.
Wiesen bei Greifswald, 2023

Dem gegenüber stellte die Kunsthalle einige Künstler wie Johan Christian Dahl, die sich von Caspar David Friedrich inspirieren ließen und seine Ideen weiterdachten, aber den Weg für den Realismus bereiteten.

Hochformatiges Foto mit einem sehr kleinen Bild in einem dezenten Goldrahmen hinter Plexiglas, darunter Begleittext zum Bild. Johan Christian Dahl, Die Oder nahe Swinemünde bei Mondschein, 1839, Öl auf Papier auf Holz, Privatsammlung Heidelberg in der Ausstellung Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg.
Johan Christian Dahl, Die Oder nahe Swinemünde bei Mondschein, 1839, Öl auf Papier auf Holz, Privatsammlung Heidelberg.

Nur um dann auf das Spätwerk (ab 1830) des finanziell in Schwierigkeit geratenen Künstlers überzuleiten, das sich noch mal vermehrt mit Themen und Motiven aus seiner Vergangenheit auseinanderzusetzen – bevor ihn 1835 ein Schlaganfall ereilte und er weg vom Malen eher wieder hin zu den Zeichentechniken seiner Anfänge umschwenken musste. Gebirge, Gräber, der Tod allgemein sind die überwiegenden Motive, die sich hier noch einmal verdichten.

Seine Malhand war zwar gelähmt, doch versuchte er sich zu beweisen, dass er trotz Krankheit noch Großformate malen konnte – wie Meeresufer im Mondschein (1835/36), das zweitgrößte von ihm bekannte Bild. Es ist vermutlich nach dem Schlaganfall entstanden, möglicherweise ist es auch das letzte von ihm geschaffene Gemälde. 1837 kaufte es der Sächsische Kunstverein an, die ihm in seinen letzten Jahren finanziell unterstützten, bevor er 1840 verarmt in Dresden starb.

Sitzende Person im Halbdunkel vor dem großen, letzten Bild von Caspar David Friedrich in der Kunsthalle Hamburg: Meeresufer im Mondschein, 1835/36, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle.
Meeresufer im Mondschein, 1835/36, Öl auf Leinwand, Hamburger Kunsthalle

Teil 2, Kunst für eine neue Zeit

Viele Menschen sind nach dieser gewaltigen Retrospektive im dreistündigen Zeitfenster aus der Ausstellung ausgestiegen. Doch gerade ein Stockwerk höher begann der spannende Teil, der der Ausstellung ihren Untertitel gab: Die Auseinandersetzung moderner Künstler:innen mit dem Frühromantiker Caspar David Friedrich. Aktuelle, oft großformatige Interpretationen, Auseinandersetzungen mit aktuellen Themen in neuen Landschaftsbildern, mit politischen und ökologischen Fragestellungen. Projektionen, 3D-Kunst, Fotomontagen, wie z.b. die von Hiroyuki Masuyama, die aus 780 in Finnland aufgenommene Fotos das Eismeer in einem LED-Leuchtkasten rekonstruierte.

Bild an der Wand in der Ausstellung Caspar David Friedrich, Kunsthalle Hamburg: Hiroyuki Masuyama - Caspar David Friedrich: Das Eismeer 1823/24, 2007, Fotomontage aus 780 in Oulu und Kemi, Finnalnd, aufgenommenen Fotografien, LED-Leuchtkasten, Hamburger Kunsthalle

Besonders faszinierend waren aber die mit Flüssigkeit gefüllten Glaskästen von Mariele Neudecker, die kleine Landschaften nachbildeten. Hingegen fast wütend machte mich eine Bildreihe namens Arctic Yoghurt der Konzeptkünstlerin Swaantje Güntzel, in dem sie in den Ofotfjord in Norwegen einen Joghurtbecher wirft. Natürlich setzt sie sich mit dem ökologischen Einfluss auseinander, aber es geht halt in den Bildern an sich nicht hervor, ob sie den Becher dann auch wieder rausgefischt hat.

Jonas Fischers Fotoreihe Cloud Index hat hingegen etwas verstörend Schönes im Zerstörrerischen. Seit September 2020 arbeitet Fischer an seinem Onlinearchiv an Wolkenbildern, die ihren Ursprung in Kraftwerken und Industrieanlagen, z.B. im Ruhrgebiet haben.

Collage von vielen Fotos mit Industrieabgasen, Wolken, Dazu Text, von welchen Kraftwerken die Bilder stammen und Begleittext darunter. Jonas Fischer, CLOUD INDEX, seit 2020, wachsendes Online-Archiv, das Wolkenbilder von Verbrennungsanlagen für fossile Brennstoffe sammelt und präsentiert, Courtesy of the artist.
Jonas Fischer, CLOUD INDEX, seit 2020, wachsendes Online-Archiv, das Wolkenbilder von Verbrennungsanlagen für fossile Brennstoffe sammelt und präsentiert, Courtesy of the artist

Lichtwarkgalerie, Raum 46 – Teil 3, Kehinde Wiley

Um zu den Werken von Kehinde Wiley in der Lichtwarkgalerie zu gelangen, bedurfte es dann noch einiger Anstrengung. Doch die orange-roten Wegweiser halfen durch das Wirrwarr an Unterführungen und Treppen, bis man in einem Saal mit großen Meistern (MakartsaaL) und vor den sehr großformatigen Werken von Kehinde Wiley stand. Die Bilder hatte ich dann kurz vor Schließung allein für mich.

Der US-amerikanische Künstler, der vor allem durch sein Barack-Obama-Portrait für die National Portrait Gallery 2018 berühmt wurde, setzt sich in seinen Werken mit der vornehmlich männlich-weiß geprägten Kunstgeschichte auseinander und bearbeitet in seinem Werk das Verhältnis zwischen Landschaft, Identität und Zugehörigkeit. In The Prelude (2021) nimmt er dafür malerisch Bezug auf Caspar David Friedrich – zum Einen mit dem Senegalesen Babacar Mané, der auf fast 4 Metern Höhe als Wanderer über dem Nebelmeer hyperrealistisch dargestellt wird und zum Anderen mit Ibrahima Ndiaye und El Hadji Malick Gueye, zwei Menschen, die er auf der Straße ansprach und die er in die Kreidefelsen auf Rügen versetzt. Eine Videoinstallation von ihm ist auch in Teil 2 zu finden.

Fazit Caspar David Friedrich, Hamburger Kunsthalle & Ausblick auf Berlin

Nach drei Stunden neigte sich mein Zeitfenster dem Ende zu und das Museum schloss. Es fehlte nur noch ein kurzer Abstecher in den Museumsshop der Hamburger Kunsthalle voller Caspar-David-Friedrich-Devotionalien – wie Ohrringe in Form des Wanderers. :D

Ausstellungskatalog

Mit musste natürlich der sehr umfangreiche Katalog* (Schmuckausgabe mit Farbschnitt*).

Gesehen habe ich eine spannende Ausstellung, die nicht nur umfangreich das Werk Caspar David Friedrichs beleuchtet, sondern auch seinen Einfluss auf zeitgenössische Künstler:innen und die Auseinandersetzung mit seiner Bildgestaltung, Motiven und Sujets. Am Ende fand ich drei Stunden Zeitfenster fast zu knapp, um alles zu erfassen oder mich in der “Mitmach-Ecke” auch noch selbst zur Künstlerin zu werden.

Nun bin ich gespannt, wie Berlin das Caspar-David-Friedrich-Jahr fortsetzt, welche Bilder sich wiederholen werden und welche Schwerpunkte dort gesetzt werden. Besonders spannend war übrigens der Audio-Guide zur Ausstellung in der App der Hamburger Kunsthalle, in der nicht nur Bilder besprochen wurden, sondern auch diverse Menschen zu Wort kamen, die eine Verbindung zu einem bestimmten Bild oder zur Ausstellung haben. Bemerkenswert fand ich u.a. Eva Keochakian, die in 02:35 min erklärte, wie es zur neuen Rahmung von u.a. dem Eismeer kam. Im Katalog gibt es dazu auch einen Essay von ihr und Kurator Markus Bertsch. Mal ganz andere Einblicke in eine Ausstellung!

Hamburger Kunsthalle

Glockengießerwall 5
20095 Hamburg

Die Ausstellung “Caspar David Friedrich – Kunst für eine neue Zeit” in der Hamburger Kunsthalle lief vom 15.12.2023 bis zum 01.04.2024.

Meine Lieblingshotels in Hamburg sind: das Henri Hotel Hamburg Downtown*, das Tortue Hamburg* sowie das Scandic Hamburg Emporio*. Alternativ geht natürlich immer auch das altehrwürdige Hotel Atlantic Hamburg*.

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Fotos: Die gezeigten Fotos unterliegen meinem Urheberrecht. Das Urheberrecht der Gestaltung der Ausstellung liegt bei der Hamburger Kunsthalle. Diese und weitere Fotos findest Du zur Inspiration auf Flickr.

Offenlegung: Ticket, Anreise und Übernachtung in Hamburg sowie den Ausstellungskatalog habe ich selbst bezahlt.


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Romy

Romy (*1981) hat ihre Heimatbasis in der Ruhrmetropole Dortmund und arbeitet als Blogger und Freelancer im Bereich Social Media, Content Strategie und Community Management.

Sie bloggt seit 2006.
Übers Reisen regelmäßiger seit 2013. Wenn sie Zeit dazu findet.

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