Zu Beginn des 20. Jahrhunderts entwickelten sich zahlreiche neue Technologien und der Fortschritt war nicht aufzuhalten. Die Quantenmechanik eröffnete ein neues Verständnis für Raum und Zeit. Dies beeinflusste auch die Künstler:innen jener Zeit. Geometrische Formen hielten Einzug, um kosmische sowie spirituelle Themen aufzugreifen. Strahlender Mittelpunkt und Einfluß für viele Künstler:innen bis hinein in die 1970er Jahre: Bauhaus-Meister Wassily Kandinsky.
Vom 15.02. bis 18.05.2025 widmete das Museum Barberini in Potsdam ihm und der neuen Bildsprache eine umfangreiche Ausstellung, die sechs Jahrzehnte umfasste und über 100 Werke aus Europa und den USA zeigte.
- Anfänge der geometrischen Abstraktion
- Geometrie in der abstrakten Kunst
- Kandinsky im Exil – Internationale Abstraktionen in Paris
- Universalsprache Abstraktion & das Bauhaus
- Konstruktivistische Utopien in der britischen Kunst
- Minimalismus und Hard-Edge-Malerei
- Space Age – Die Op-Art der 1960er Jahre
- Warum solltest Du Kosmos Kandinsky sehen?
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Neben der beeindruckenden Impressionismus-Sammlung von SAP-Gründer Hasso Plattner, für die das Museum Barberini in Potsdam gegründet wurde, zeigt das Museum regelmäßig spannende temporäre Ausstellungen. Als Kosmos Kandinsky – Geometrische Abstraktion im 20. Jahrhundert angekündigt wurde, wusste ich, dass ich endlich einmal das Museum Barberini in Potsdam besuchen werde.
Dabei verbinde ich persönlich Einiges mit Potsdam. So heirateten meine Eltern zum Beispiel in Potsdam in den späten 1970er Jahren. Als meine Großeltern im gleichen Jahr kurz nacheinander starben, entschieden meine Eltern, abseits von Zuhause im Stillen in Potsdam zu heiraten. Es war auch zu DDR-Zeiten eine Stadt mit Strahlkraft und viel Geschichte, mit Schloß Sanssouci und dem Babelsberger Filmstudios.

Seit einigen Jahren, um genau zu sein 2017, erstrahlt nun auch der Wiederaufbau des Palais Barberini in der historischen Mitte Potsdams. Auch wenn einige Skandälchen mit dem Neubau einher gingen, entwickelte sich das darin beheimatete Museum schnell zu einem der beliebtesten in Deutschland.
Anfänge der geometrischen Abstraktion
Oftmals werden Kunstwerke der geometrischen Abstraktionen nach Themen bzw. getrennt nach nationalen Bewegungen, wie z.B. Bauhaus, De Stijl oder Optical Art, gezeigt. Doch wir wissen, dass es in der Kunstbewegung einen regen Austausch gab. Künstler:innen beeinflussten sich gegenseitig und das über Landesgrenzen hinaus. In der Ausstellung Kosmos Kandinsky versuchte das Museum Barberini nun, diese Verbindungen aufzuarbeiten. Den roten Faden bildete dabei Wassily Kandinsky und seine Gemälde, die zahlreiche Künstler:innen und deren Werke beeinflusste.

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Zu Beginn des 20. Jahrhunderts malte Kandinsky noch eher gegenständlich und mit angedeuteten Personen, wie das erste Bild der Ausstellung, Weißer Klang (1908), im Ausstellungssaal 0A1 zeigt. Zu diesem Zeitpunkt war er Teil der Blauen Reiter in München und hatte sich dem Expressionismus zugewandt. Doch seine Liebe für kräftige Farben und auch erste Farbflächen werden hier schon deutlich. Eine weiße Fläche, die sich nicht aus dem Motiv heraus erklären lässt. Nur mit Kandinskys Synästhesie, mit der er Farben bestimmte Empfindungen und Klänge zuordnete – mit dieser Fläche verband er die Vorstellung von Leere und Stille.

Die ersten Künstler:innen der geometrischen Abstraktion waren Zeitzeugen der bahnbrechenden Entdeckungen der Naturwisschenschaften. Als Bohr sein Atommodell formulierte, Einstein das Raum-Zeit-Kontinuum postulierte und das Esotherische an Faszination gewann, entdeckten sie die ungegenständliche Kunst.
Es entstanden Gemälde und Skulpturen, die diese neuen Erfahrungen augriffen. Eine neue, universelle Bildsprache entstand abseits der Abbildung des Sichtbaren. Mittendrin Kandinsky mit seinen Gemälden und kunstphilosophischen Schriften wie Punkt und Linie zu Fläche, 1926 als eines der Bauhaus-Schriften erschienen, die ihn zu einem der führenden Protagonisten werden lässt. Seine gute Vernetzung in Europa mit anderen Künstler:innen und Intellektuellen war sicherlich hilfreich. Er schuf so ein Zusammenspiel von Wissenschaft, Spiritualität und Kunst.
Das Zerfallen des Atoms war in meiner Seele dem Zerfall der ganzen Welt gleich. Plötzlich fielen die dicksten Mauern.
Wassily Kandinsky, 1914
Geometrie in der abstrakten Kunst
In seiner 1911 erschienen Schrift Über das Geistig in der Kunst beschäftigte sich Kandinsky bereits mit geometrischen Formen als zentrales Ausdrucksmittel, um eine universelle Bildsprache zu schaffen. Er beschäftigte sich darin mit dem geistigen Gehalt von bestimmten Formen und die Wirkung von Farben auf das Empfinden des Betrachtenden.

Es erschien am Tag der ersten Ausstellung des Blauen Reiters in München. Erste radikal neue, konstruktivistische Kunstwerke wie Komposition V (1911) entstanden, bevor der Erste Weltkrieg den gebürtigen Russen zwang, Deutschland in Richtung Heimatland zu verlassen.
Während ab 1917 die junge Sowjetunion zwar die Erforschung und Diskussion von künstlerischen Themen für kurze Zeit staatlich förderten, lebten sich sowjetische Künstler:innen und Kandinsky auseinander. Viele stellten ihre Werke in den Dienst der bolschewistischen Revolution. Kandinsky blieb aber seiner Linie der größtmöglichen Freiheit treu. Obwohl er von geometrischen Formen schrieb, arbeitete er gerne mit entgrenzten, fließenden Formen und lehnte Hilfsmittel wie Lineale und Zirkel ab. Geometrisch abstrakte Werke entstanden daher eher als Gegenbewegung zu ihm.

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Suprematismus
So entwickelte sich der Suprematismus, eine russische künstlerische Bewegung, die angestoßen von Kasimir Malewitsch um 1915/16 entstand. Besonders gefiel mir in der Ausstellung dazu das Suprematistische Kreuz (1923) von Ilja Tschaschnik, einem Schüler Malewitsch. Ein geometrisches Schwarz-Weiß-Bild, das die wesentlichen Elemente des Suprematismus verdeutlicht.

Der ebenfalls gezeigte Kandinsky Im schwarzen Viereck (1923) kann auch als Kommentar auf Malewitschs Schwarzes Quadrat (1915, Tretjakow-Galerie, Moskau) verstanden werden.

Auch die Sphärische ungegenständliche Komposition (1920-1925) von Iwan Kljun erinnert an den Suprematismus, war Kljun doch ein Weggefährte von Malewitsch. Doch mit der Art, die Farben hier eher transparent und Formen sphärisch zu gestalten sowie mit seinen theoretischen Ansätzen steht Kljun eher Kandinsky nahe.

Dazu gesellt sich in diesem ersten Raum Kandinskys Weißes Kreuz (1922), welches das Kreuz komplett konträr im Bild einsetzt und weitere Bilder russischer Weggefährten wie Ljubow Popowa und Alexander Rodtschenko. Auch Iwan Kljun kommt mit einem seiner Kosmischen Bilder, dem Rotes Licht. Sphärische Komposition (1923) erneut in der Ausstellung vor. Sein Bild setzt sich mit Astronomie auseinander und erinnert an einen glühenden Himmelskörper, der viel Wärme für mich ausstrahlt – oder an HAL (2001 – Odyssee im Weltraum).

Russischer/Osteuropäischer Konstruktivismus
Besonders herausstechend für mich waren die Werke von El Lissitzky, einem Mitbegründer des Konstruktivismus. Anfangs war er auch ein Schüler von Malewitsch in Witebsk. 1919 begann er aber, seinen eigenen Weg zur ungegenständlichen Malerei zu gehen. Er nannte seine Werkgruppe Proun (Projekt zur Verfechtung des Neuen). Seine geometrischen Formen bilden eine Schnittstelle zur Architektur. Dies studierte er alternativ in Deutschland, da ihm aufgrund von Quoten für Juden nicht zu einem Kunststudium in Russland zugelassen wurde.

Mich erinnert Proun 93 ja eher an die USS Enterprise (Star Trek).
Vom Bildmotiv passend (sieht aus wie die ISS), aber nicht so ganz thematisch, empfand ich die Komposition Z VIII (1924) von László Moholy-Nagy, der als Ungar nicht so ganz zu Kandinskys Anfängen und russischem Exil passen mag. Doch er wird in der Ausstellung als Grenzgänger zwischen der östlichen Avantgarde und westlichen Moderne dargestellt. Ein Bindeglied, das sich sowohl mit dem osteuropäischen Konstruktivismus der Zeit als auch mit Suprematismus beschäftigte, um dann seinen eigenen Weg einzuschlagen.

Kandinsky im Exil – Internationale Abstraktionen in Paris
Nach der Zwangsauflösung des Bauhauses trat Kandinsky erneut die Flucht ins Exil an. Für seine Frau Nina und ihn wurde Neuilly-sur-Seine in der Nähe von Paris die neue Heimat, in der er mit der Vereinigung Abstraction-Creátion sowie deren Gegenpart, den Surrealisten in regem Austausch stand. Er selbst sah sich aber eher als Einzelgänger, auch wenn er Abstraction-Creátion beitrat. Der Surrealismus bewirkte parallel, dass er sich mit spielerischen Elementen beschäftigte.
Kandinsky traf in Paris auf internationale Avantgardist:innen wie Piet Mondrian und Marlow Moss sowie Sophie Taeuber-Arp, Alexander Calder und Jean Hélion. Während diese später aus Frankreich flüchteten, blieb Kandinsky bis zu seinem Tod 1944 im Land.
Einfluss von Mondrian und De Stijl
Am bekanntesten ist sicherlich der Niederländer Piet Mondrian, dem es wie kein anderer gelang, strikte Kompositionen und die Grundfarben zu seinem Markenzeichen zu machen. In der Beschränkung, vor allem auf strikte Horizontalen und Vertikalen, lag für ihn die Kraft und Vielfalt. Als sein De-Stijl-Mitbegründer Theo van Doesburg begann, Diagonalen mit einzubauen, brach Mondrian mit ihm und trat auch aus De Stijl aus.

Um Mondrian sammelten sich in Paris dann die zweite Generation an Künstler:innen der Avantgarde, wie die Britin Marlow Moss, die neben Gemälden im ähnlichen Stil auch Skulpturen schuf.

Die reduzierten Werke mit der cleanen Ästhetik trafen vor allem den Zeitgeist im Westen. Auch in den USA wurde De Stijl und Mondrian rezipiert, u.a. das in der Ausstellung gezeigte Dritte Thema (1946-1948) von Burgoyne Diller.

So sehr ich Mondrian auch mag, so sprach mit ein Bild von Fritz Glarner im Raum 0A2 am meisten an. Relationale Malerei (1949-1951) ist angelehnt an das De-Stijl-Raster, aber eine Seite ist immer um 15° geneigt, so dass Überlappungen entstehen. Das sorgt also für ein bisschen Chaos in der strengen Ordnung und das mag ich sehr.

Glarner war selbst auch Teil der Pariser Avantgardeszene, emigrierte aber 1936 nach New York und bildet ein Bindeglied zwischen der geometrischen Abstraktion in Westeuropa und der aufkommenden Hard-Edge-Malerei in den USA der 1950er Jahre.
Universalsprache Abstraktion & das Bauhaus
Ende 1921 kehrte Kandinsky aus der Sowjetunion nach Deutschland zurück und wurde von Walter Gropius als Meister ans Bauhaus in Weimar berufen. Kandinsky leitete die Werkstatt für Wandmalerei und unterrichtete analytisches Zeichen und freie Malerei. Kandinskys Stil wird in dieser Zeit klarer, geometrischer. Die organischen, unregelmäßigen Flächen weichen – sicherlich auch dem Einfluss der sowjetischen Künstler:innen geschuldet.

Seine Grundüberlegungen zu Elementen in Bildern und die Wirkung auf den Betrachtenden veröffentlicht er nicht nur in vielbeachteten Bauhaus-Schriften, sondern sind auch klar im Werk Oben und links (1925) zu erkennen. Jede Richtung soll bestimmte Emotionen darstellen. Er war sich bewusst, dass dies kulturellen Codes unterliegt, hoffte aber auf eine zukünftige Zusammenführung zu einer universellen “Harmonie”.

Das stieß bei seinen Bauhaus-Kolleg:innen nicht gerade auf großes Interesse. Moholy-Nagy war zum Beispiel ein Verfechter, verschiedene Techniken, Medien und die ungegenständliche Malerei zusammenzubringen. Darüber veröffentlichte auch er einige Theorien in den Bauhaus-Schriften, die auch zum interkulturellen Austausch zwischen ost- und westeuropäischen Avantgardist:innen wie Mondrian und Malewitsch dienten. Mit der Auflösung des Bauhauses 1933 fiel diese internationale Zusammenarbeit weg.

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Max Bill & die konkrete Kunst in der Schweiz
Doch die Ideen lebten weiter. So zeigt Kosmos Kandinsky auch Werke des Schweizer Künstlers und Architekten Max Bill, ein Bauhaus-Schüler, der auch an Kandinskys freien Malklassen teilnahm und ihn später als seinen wichtigsten Lehrer bezeichnete. Er prägte in Abgrenzung zur Abstraktion den Begriff Konkrete Kunst – betont stärker den fehlenden Bezug zur Natur. Charakteristisch waren dabei für ihn kräftige Farben und strukturierte Muster, inspiriert von Mathematik und Wissenschaft.
In Zürich der 1940er Jahre bildete sich dann eine Künstlergruppe um Max Bill namens Zürcher Konkrete mit u.a. Camille Graeser, Verena Loewensberg und Richard Paul Lohse, deren farbenfrohen, knalligen Bilder mich im Museum Barberini begeisterten. Besonders erwärmen konnte ich mich für Dreißig vertikal systematische Farbreihen in gelber Rautenform (1943/1970 – Konzept/Realisierung).

Hier ist meiner Meinung nach der Einfluss von Naturwissenschaften deutlich sichtbar, denn jede Farbreihe bildet das komplette, für den Menschen sichtbare Farbspektrum ab. Lohse ließ sich darüber hinaus für seine Kunst auch von Schönbergs Zwölftonmusik und der mathematischen Gruppentheorie inspirieren. Zusätzlich wollte er seine Vorstellungen von Demokratie und Egalität in seine Werke einfließen lassen. Alle Elemente seiner Bilder haben den gleichen Stellenwert, unterliegen keiner Hierarchie.
Kandinskys später Einfluss auf Bauhaus-Schüler:innen & Meister
Bill fungierte als einziger Bauhaus-Schüler der Zürcher Konkrete als Bindeglied zu Kandinsky und setzte sich für die Erhaltung seines Vermächtnisses nach dessen Tod 1944 ein.
Kandinsky übernahm im Gegenzug zu seinen Lebzeiten den Begriff “konkret” von Max Bill für seine Werke aus der Pariser Zeit, z.B. für die gezeigten Bilder Roter Knoten (1936) und Mitte mit Begleitung (1937), die mich doch eher sehr an die spirituell gepräften Bilder von Hilma af Klimt erinnern. Seine Pariser Werke zeichnen sich ebenso durch organische Formen aus, wurden aber von wissenschaftlichen Erkenntnissen inspiriert.

Einen ganz klaren Bezug zum Bauhaus zieht die Ausstellung Kosmos Kandinsky im Museum Barberini mit den Bildern von Joseph Albers. Teile seiner Studien für Huldigung an das Quadrat aus den 1960er Jahren hängen hier ebenso wie Stäbe und Flächen (1955) von Johannes Itten – beides Bauhaus-Meister. Dazu noch der wunderbare Wandteppich Bing (1967) von Sonia Delaunay, der ganz in der Tradition von Otti Berger, Anni Albers, Gunda Stölzl und all den anderen Frauen der Weberei des Bauhauses steht.




Konstruktivistische Utopien in der britischen Kunst
Im Hinblick auf die Entwicklungen in Deutschland und dem drohenden Krieg in Europa flohen viele Künstler:innen in den 1930er Jahren nach Großbritannien. Meist blieb es eine Zwischenstation für diese Künstler:innen auf dem Weg in die USA. Doch der Einfluss, den u.a. Mondrian, Moholy-Nagy und Naum Gabo auf die britische Kunst ausübten, war groß und nicht zu übersehen. Barbara Hepworth und Ben Nicholson bildeten das neue Zentrum der Avantgarde.
In Saal 1A5 beeindruckte mich vor allem 1934 (bemaltes Relief) von Ben Nicholson, eine komplett in Weiß (mittlerweile eher Beigetöne) gehaltene Reliefarbeit mit mehreren Ebenen und Kreisen, die streng in ihrer Form und simpel durch seine Einfarbigkeit wirkt.

Schön, filigran und doch komplex – die Statue Orpheus (Modell I) aus dem Jahr von 1956 von Barbara Hepworth ist eine der wenigen Statuen in der Ausstellungen. Keine andere hat mich in ihrer Art so angesprochen wie diese. Vielleicht ist es aber auch die traurige Geschichte dahinter. Der Tot von Hepworths Son Paul, die Reise nach Griechenland und die Geschichte von Orpheus mit seinem Musikinstrument. Oftmals verspürt man ja eine Verbindung zu etwas, weil einem die Geschichte dazu berührt.

Nachkriegszeit
Nach den Kriegswirren gründete sich dann die Gruppe der Constructionists in London und griffen konstruktivistische Ideen auf. Dabei kombinierten sie viele neu enstandene Materialien wie Plastik, Acryl und Fiberglas. Den Optimismus für den Wiederaufbau der Nachkriegsjahre spiegeln Werke von Mary Martin, Victor Pasmore oder Kenneth Martin wider. Vor allem Marys Reliefs befinden sich zahlreich in der Ausstellung, u.a. Weißflächiges Relief (1959).

Immer wieder tauchen auch kinetische Kunstwerke, u.a. von Alexander Calder, Ohne Titel (1963), in Kosmos Kandinsky auf. Marcel Duchamps prägte für Calders Werke bereits zu Beginn der 1930er Jahre den Begriff Mobile. Beeinflusst durch u.a. Piet Mondrian, Kandinsky und Jean Miró sind Calders fragile, fein austarierte, abstrakte Gebilde in den Grundfarben Rot, Blau und Gelb sowie Schwarz/Weiß gehalten.

Minimalismus und Hard-Edge-Malerei
Im Lelbach-Saal des Museums Barberini in Potsdam, dem Verbindungsstück des u-förmigen Gebäudes zwischen Seite A und B, widmete sich die Ausstellung den 1960er Jahren. Diese waren geprägt von monumentalen geometrischen Abstraktionen, die in den USA entstanden. Ihre Hauptvertreter:innen Frank Stella, Ellsworth Kelly und Carmen Herrera bekamen hier den nötigen Raum für ihre riesigen Kunstwerke.

Wie es sich für die 1960er Jahre gehört in den schönsten und leuchtendsten Farben, scharf abgegrenzt und mit klaren geometrischen Formen – genannt Hard Edge. Minimalistisch durch die klaren einfachen Formen und doch farbenfroh, wie Frank Stellas Entwurf Nr. 4 für die Sacramento Mall (1978) mit konzentrischen Quadraten, quasi die Urform der abstrakten Geometrie.

Richtig ansprechend empfinde ich das gegenüber liegende Bild von Miriam Shapiro Puzzle (1969). Die Anordnung wirkt dreidimensional, minimalistisch, streng abgegrenzt, knallig, hipp – eine Mischung von Einflüssen aus Minimal Art, Hard Edge und eine Vorwegnahme der Optical Art. Sie experimentierte auch mit computergestützter Kunst. Gleichzeitig malte sie feministisch.

Parallel gründete sich die Washington Color School rund um Gene Davis, Kenneth Noland und Paul Reed und etablierten die amerikanische Hauptstadt als weiteres Zentrum moderner Kunst neben New York.
Transatlantischer Minimalismus
Zur gleichen Zeit wie die Hard-Edge-Bewegung etablierte sich auch der harte Kontrast dazu. Der Minimalismus brachte kombinierte von Malerei und Skulpturen hervor; sich wiederholend, einfach, einer Ordnung unterliegend. Sie erinnern an dabei an Serienproduktionen. Die wichtigsten Vertreter:innen dieser radikalen Schlichtheit im Museum Barberini sind Donald Judd, Jo Baer und Agnes Martin. Ob Hard Edge oder Minimalist:innen – sie bezeichneten sich selbst oft nicht als Vertreter dieser künstlerischen “Schubladen”, lehnten sich gegen die Einordnung in die ein oder andere Kategorie auf.

Dennoch ist klar der Unterschied zwischen den Werken in Saal 1B5 und dem Lelbach-Saal zu erkennen. Die Schlichtheit in Schwarz/Weiß und Grautöne oder auch die einfach Lichtinstallation von Donald Judd (Ohne Titel, 1969) mit rot-orangefarbenem Licht stehen in hartem Kontrast zu den großformatigen, vielfarbigen Bildern des Hard Edge.

Als Vertreter beider Stile triffst Du auch hier auf Frank Stella und sein Werk Slieve More (1964).

Agnes Martin liebte filigrane, monochrome Gitter, über die sie sich in Richtung Buddhismus äußerte und denen sie Titel aus der Natur gab, wie Sommerhimmel II (1967). Dabei hat sie mit einem Silberstift auf einer quadratischen Leinwand feine Linien gezogen. Mit ihrer Spiritualität und auch ihre Position, keine künstlerische Hilsmittel wie Lineale zu nutzen, steht sie ganz in der Tradition von Kandinsky.
Gitter sind auch das Thema des Franzosen François Morellet und des Italieners Enrico Castellani, dessen Weiße Fläche Nr. 18 (1964) ich besonders spannend finde. Ist es wirklich Stoff in einem Muster auf eine Leinwand genagelt oder ist es nur eine raffinierte optische Täuschung? Finde es selbst heraus!

Space Age – Die Op-Art der 1960er Jahre
Das letzte Kapitel der Kosmos Kandinsky-Ausstellung in den Räumen 0B1 und 0B2 ist nichts für Menschen, die Probleme mit Stroposkop- und anderen optischen Effekten haben. Denn es geht um Op-Art – Optical Art. Kunst, die mit den Grenzen der visuellen Wahrnehmung spielt. Nur nicht zu lange drauf schauen!

Zweidimensionale Bilder erscheinen auf einmal dreidimensional und scheinen sich zu bewegen. Mal Schwarz/Weiß, mal knallig bunt. Dabei greifen Künstler:innen wie Bridget Riley und Victor Vasarely auf die Ideen der 1910er und 1920er Jahre von Kandinsky und Malewitsch zurück und verknüpften diese mit der Ästhetik der 1960er Jahre sowie zeitgenössische Themen wie Raumfahrt und anderen Technologien.


Zur gleichen Zeit griffen Richard Anuszkiewicz und Julian Stanczak, Schüler des Bauhaus-Meisters Josef Albers, dessen Huldigungen an das Quadrat auf. Ihre Arbeiten beschäftigen sich mit der Kombination von Quadraten, optischen Effekten und starken Kontrasten sowie grellen Farben. Sie erzeugen so intensive Effekte, die die Wahrnehmung eines jeden Betrachtenden herausfordern. Challenge accepted?

Warum solltest Du Kosmos Kandinsky sehen?
Kosmos Kandinsky ist eine faszinierende Ausstellung, die sich über einen breiten Zeitraum mit dem Einfluss des Bauhaus-Meisters Wassily Kandinsky und seiner geometrischen Avantgarde auseinander setzt. Eine spannender Ansatz mit vielfältigen Werken aus Europa und Nordamerika, die einem Zusammenhänge von Kunstrichtungen aufzeigte, wie kaum andere Ausstellungen zuvor. Sehr lohnenswert!
Museum Barberini
Humboldtstraße 5–6
14467 Potsdam
Website
Tickets mit Zeitslot am besten direkt über die Website und den offiziellen Onlineshop buchen
Öffnungszeiten
Montag, Mittwoch-Sonntag 10-19 Uhr
Dienstag geschlossen
Kassenschluss: 18:15 Uhr
Museumstag: 18. Mai 2025 – freier Eintritt, dennoch ein Zeitslotticket online buchen!
Es finden Taschenkontrollen am Eingang statt. Im Untergeschoss finden sich Schließfächer und eine Garderobe.

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Fotos: Diese und weitere Fotos für einen Eindruck findest Du auf Flickr. Die Fotos unterliegen meinem Urheberrecht. Die gezeigten Werke unterliegen ggf. noch dem Urheberrecht der entsprechenden Künstler:innen und deren Nachfahren. Das Urheberrecht für die Ausstellungsanordnung unterliegt dem Museum Barberini.
Offenlegung: Ich war aus eigenem Interesse in der Ausstellung und habe Ticket sowie Katalog selbst bezahlt.
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