Dieser Beitrag ist mit einer kleinen finanziellen Unterstützung im Rahmen der TeutoBloggerWG mit Teutoburger Wald Tourismus im September 2022 entstanden.
Barre Bräu in Lübbecke ist eine der wenigen Privatbrauereien, die durchaus mit den großen Brauereien mithalten kann. Bereits in der sechsten Generation braut die Familie Barre verschiedenste Biersorten und stieg damit zum größten privaten Bierproduzenten in Ostwestfalen auf. In den historischen Gewölbekellern an der B239 lädt Barre seit wenigen Jahren in den Brauereigasthof Barres Brauwelt (Eigenschreibweise: Barre’s Brauwelt) ein, dem auch ein kleines Brauereimuseum angeschlossen ist. Das einzige seiner Art in Ostwestfalen-Lippe.
Ich wohne in Dortmund und hier kommt keiner um das Thema Bier herum. Früher oder später beschäftigt sich doch jeder mehr oder weniger mit dem Ursprung des Dortmunder Us oder Kronen, Brinkhoffs und Bergmann. Ganz Wissbegierige besuchen auch das Dortmunder Brauerei-Museum. Da ist es auch nicht ganz verwunderlich, dass ich auch in Ostwestfalen beim Erkunden des Teutoburger Waldes mich dem Bier zuwende. Es sollte an diesem Wochenende nicht das einzige Bier bleiben. Auch am Hermannsdenkmal erwartete mich eine Bierprobe.
Was ist Barres Brauwelt & Barre Bräu
Barre Bräu ist allein schon spannend, weil sich seit über 175 Jahren diese Brauerei in privater Hand, im Familienbesitz befindet und es schafft, sich gegen die Riesen wie der Radeberger Gruppe (z.B. Radeberger, Jever), Anheuser Busch (z.B. Becks), Bitburger oder Heineken (z.B. Paulaner) zu behaupten. Bist Du im Lübbecker Land oder generell in Ostwestfalen oder in Südniedersachsen unterwegs, dann wirst Du unter Garantie auf Barre Bräu stoßen. Die Brauerei am Ortseingang von Lübbecke bietet mit der Barre Brauwelt aber auch selbst einen Ort zum Genießen und Ausprobieren und Kennenlernen seiner Brauhistorie an.
Neben einem gemütlichen Restaurant mit westfälischer Küche, dass in den alten Gewölbekellern (Gär- und Lagerkeller) am Hang und gegenüber der heutigen Brauerei Einzug gehalten hat, haben die Eigentümer von Barre Bräu mit der Barre Brauweilt auch ein kleines Museum geschaffen. Die seit sechs Generationen im Familienbesitz befindliche Brauerei hat spannende Zeiten unter ihren Besitzer:innen erlebt, wurde weltweit verschifft und früher noch ganz anders gebraut als heute. Eine Vielzahl an verschiedenen gut erhaltenen Exponaten gibt es zu entdecken, wie z.B. alte Kessel, die unterschiedlichsten Flaschen, die über die Jahre mit Barre Bräu abgefüllt wurden, aber auch alte Einfüll- und Etikettiermaschinen.
Geschichtliches zu Barre Bräu
Doch auch die Geschichte der sechs Generationen Barre und die der Brauerei kommt nicht zu kurz. Ernst Barre gründete die Brauerei 1842 an einem Bergsattel des Wiehengebirges nahe einer Gebirgsquelle in seiner Heimatstadt Lübbecke, nach dem er in Bayern das Brauhandwerk erlernt hatte. Deutschland gab es so noch gar nicht, sondern ein loser Verbund von (Kleinst-)Staaten, das Kaiserreich und alle nachfolgenden Krisen lagen noch vor der Brauerei. Er legt den Grundstein zur Barres Brauwelt mit dem Bau der ersten Gewölbekeller. Sein qualitativ besseres Bier kam bei den Verbrauchern besser an und leitete auch den Untergang der drei bereits ansässigen Brauereien in Lübbecke ein.
Louis Barre
Die zweite Generation unter Louis Barre legte hingegen den Grundstein zum Erfolg von Barre Bräu. Louis studiert erst Chemie in Chemnitz, sein jüngerer Bruder Ernst war eigentlich für die Brauereinachfolge vorgesehen. Doch 1878 bat ihn der Vater, das Geschäft im Alter von 32 Jahren zu übernehmen. Er pflegte zu der Zeit schon engen Kontakt mit Carl Linde, aufgrund dessen er 1881 als erster norddeutscher Brauer eine durch Dampfenergie angetriebene Kältemaschine bei Barre Bräu installierte. Mit der maschinellen Kühlung war er einer von nur fünf Brauer weltweit mit dieser Möglichkeit und revolutionierte damit die Brauerei. Er eröffnete dem Vertrieb und der Produktion zahlreiche Möglichkeiten, da das Bier nun ganzjährig produziert und gelagert werden konnte.
Denn nun braute Barre Bräu untergäriges Bier, welches länger haltbar und eine bessere Qualität hatte sowie auch gut exportierbar war. Louis Barre schaffte somit den Sprung hin zu haltbaren Qualitätsbieren, die in alte Welt verschifft werden konnte und die Brauerei für die kommenden Generationen aufstellte. Ab 1885 bezog der Norddeutsche Lloyd, eine Bremer Reederei, aufgrunddessen über 300.00 Flaschen Bier pro Jahr für ihre Dampfschiffe, die z.B. zwischen Bremerhaven und New York auf dem Höhepunkt der Auswandererwelle fuhren. Dadurch wurde der Norddeutsche Lloyd zur größten Reederei weltweit. Familiäre Verbindungen zur Reederei waren an dieser Stelle sicherlich auch hilfreich für Louis Barre.
Barre Bräu im 20. Jahrhundert
Die nachfolgenden zwei Generation um Ernst-Ludwig Barre I. und II. hatten nach der Übernahme bis zum 100-jährigen Bestehen schon hart zu kämpfen, um nach Schwarzem Freitag und den beiden Weltkriegen weiterhin zu bestehen. Doch vor allem das kontinuierliche Investieren in Modernisierungsmaßnahmen, das Beibehalten strenger Qualitätsansprüche und der Wirtschaftsaufschwung der 1950er Jahre ließen die Brauerei wieder florieren.
1954 etablierte daher Ernst-Ludwig Barre II. den sog. “Tag des Bierbrunnens”, ein bis heute bestehendes und beliebtes Fest in Lübbecke, auch wenn es Dank kostenlosem Bier durch die Punkszene zu Tumulten kam. Heute kommen die nun durch das Fest generierten Einnahmen wohltätigen Zwecken wie Aufforstungsprojekten in der Umgebung zugute.
Beim Bierbrunnenfest kommen auch die zwei vorhandenen Brauereipferde Gustav und Alfred immer noch zum Einsatz. Sie leben in einem Stall hinter der Barres Brauwelt und Brauereipferde gehören seit der Gründung zu Barre Bräu einfach dazu. Gelebte Tradition nennt es die Brauerei, aber 1842 gab es auch noch keine Autos oder gar LKW und wie hätte die Brauerei das Bier sonst ausliefern sollen?! Jeden Freitag kannst Du die zwei rheinisch-deutschen Kaltblüter und ihren Kutscher Sebastian im Lübbecker Stadtbild entdecken, wenn sie traditionell an die lokale Gastronomie ausliefern – das einzige, regelmäßig fahrende Biergespann Deutschlands!
Beginnend mit den 1960er Jahren und unter der Leitung von Ernst-Ludwig Barre III. zieht dann der technologische Fortschritt in Lübbecke ein. Neue Gär- und Lagerkeller werden gebaut, neue, automatisierte Abfüllanlagen ermöglichen eine steigende Abfüllmenge an Barre Bräu. Dies erlangt ab 1981 weitere Popularität, als die Brauerei die historische Bügelverschlussflasche wieder einführt, die durch die Einführung des Euro-Kronkorken 1968 deutschlandweit verdrängt worden war.
Privatbrauerei Barre heute und Blick in die Zukunft
Mit Christoph Barre hat nun die 6. Generation die Leitung über die Brauerei inne. Seit 1998 ist er für die Geschicke der Marke zuständig und leitete die Umwandlung zur Privatbauerei Barre, die sich auch aktiv in der Initiative Die Freien Brauer – einem Zusammenschluss von 44 mittelständischen Privatbrauereien in DACH, z.B. von Alpirsbacher im Nordschwarzwald, Moritz Fiege in Bochum oder Stauder in Essen – einbringt, deren Gründungsmitglied sie auch ist.
Die Einführung von Bieren auf Grundlage alter Rezepturen sowie das Brauen von limitierten Craft-Bieren entstanden unter seiner Leitung. Mit der Eröffnung eines neuen Sudhauses hat er außerdem den Grundstein für eine gute Zukunft von Barre Bräu gelegt.
Auch Barres Brauwelt entstand unter seiner Führung. Doch um das Museum überhaupt zu errichten, mussten die seit 1985 zuerst leerstehenden Gewölbe vom Putz befreit werden, um die schönen Brandziegel zum Vorschein zu bringen. Viele langjährige Mitarbeitende der Brauerei (“Barres Seniorenclub”) halfen dabei mit, nach der Trockenlegung der 1.000 Quadratmeter Fläche, die alte Brauerei zu restaurieren und trugen zahlreiche Exponate zusammen. Dabei war das sicherlich nicht so einfach, da diese Gebäude denkmalgeschützt sind. Ende 2001 konnte Barres Brauwelt eröffnet werden.
Die älteste, befüllte Bierflasche Deutschlands
Besonders wertvoll ist sicherlich diese eine Flasche, die auch auffallend schön in einem Regal beleuchtet und präsentiert wird. Sie gilt als die aktuell älteste, noch befüllte Bierflasche Deutschlands, wenn nicht sogar der Welt!
Sie sollte eigentlich mit dem Norddeutschen Lloyd auf große Fahrt um die Welt gehen, wurde aber 1977 in einem Keller eines Kaufmannshauses in Lübeck gefunden. Über 135 Jahre alt soll die Flasche sein und nach Analysen durch Lebensmittelexpert:innen des Wissenschaftszentrums Weihenstephan sowie des Helmholtz Zentrums München ist das Bier sogar noch genießbar!
Veranstaltungen in der Barres Brauwelt
Heute ist Barres Brauwelt nicht nur eine Möglichkeit zur Einkehr im Lübbecker Land, sondern auch ein beliebter Veranstaltungsort. Ein Blick auf die Website vorab kann daher nicht schaden, um nicht vor verschlossenen Türen einer geschlossenen Gesellschaft zu stehen. Vielleicht findet sich aber auch ein Anlass, selbst dabei zu sein, z.B. beim Osterfrühstück mit reichhaltigem Büfett. Auch Geburtstage oder Firmenveranstaltungen mit 130 Personen sind kein Problem. Dazu kommen noch jeden Donnerstag die Schlemmerbüffets – in geraden Wochen Schnitzel-Büffet, in ungeraden gibt es Spareribs (je 15,90 Euro/Person).
Außerdem habe ich mir sagen lassen, ein Abend mit dem historischen “Brauer Bernhard” (aka Biersommelier und Brauer Sven Bleiber) immer einen Abstecher nach Lübbecke wert ist. Ein Biererlebnis der besonderen Art, natürlich nicht nur mit Geschichten, sondern auch mit einer Bierprobe der zahlreichen Biere und Biermischgetränke sowie alkoholfreie Getränke, die Barre aktuell braut. Dabei berät der Biersommelier bei der richtigen Auswahl zum gewählten Essen und plaudert dabei gerne über die Herstellung des entsprechenden Kaltgetränks sowie welches Glas dafür am Besten geeignet ist.
Heiraten im Gewölbekeller des Barres Brauwelt
Vielleicht liebst Du Bier auch wirklich sehr und Deine bessere Hälfte ebenso oder ihr sucht eine besondere Locatoin. Dann kannst Du in der Barres Brauwelt sogar Heiraten. Einer der Gewölbekellerräume fungiert als Standesamt und steht für Trauungen der besonderen Art zur Verfügung. Das Restaurant sowie die Terrasse bieten sich im Anschluss an die Trauung perfekt für einen Sektempfang an.
Heiraten ja, aber nicht mit Bierbezug? Nicht weit von Lübbecke könnt ihr euch auch im historischen Museumshof in Rahden trauen lassen.
Bierverkostung in Barres Brauwelt
Ein Besuch in einer Brauerei oder einem Brauereimuseum ohne eine Bierverkostung ist kein Besuch! Daher habe ich mir zum Abschluss meines Besuches noch eine kleine Auswahl bringen lassen, durch die ich mich durchteste – “Helle Freude”, “Keller 1842”, “Barre Alt” und “Barre dunkel”. Dazu genoss ich bierbegleitend eine Biergulaschsuppe mit Dunkelbier.
Bei der Bierverkostung sticht u.a. die “Helle Freude” von Barre Bräu sehr positiv heraus. Aber auch den dunkleren Bieren kann ich viel abgewinnen. Sie schmecken vollmundig, haben alle eine schöne Bierblume und bekommen mir sehr gut. “Helle Freude”, eines der neueren Produkte von Barre Bräu, gilt dabei als Einsteigerbier und ist nicht so kräftig wie das beliebte Pils. Das Kellerbier hingegen ist naturtrüb und erinnert ein wenig an Landbiere. Im Barre dunkel kommt das Malzige wunderbar hervor.
Wenn es dennoch etwas deftiger sein soll: Barre hat auch einen Bierbrand, einen Bierlikör und andere härtere Getränke in seiner Brauwelt im Angebot. Du findest sicherlich auch für Dich das richtige Getränk bei Deinem Besuch in Lübbecke!
Bitte drinkt verantwortungsvoll! Autofahren ist anschließend keine gute Idee.
Weitere Informationen zu Barres Brauwelt
Privatbrauerei Ernst Barre GmbH
Brauereigasthaus Barre’s Brauwelt
Berliner Straße 123
32312 Lübbecke
Öffnungszeiten
- Montag-Samstag: ab 17 Uhr
- Küche bis 21:30 Uhr
- Betriebsferien: 17.-31. Juli 2023
Eintrittspreise für das Brauereimuseum
- Museum (ohne Führung) zu regulären Öffnungszeiten: 5,50 Euro
- geführte Museumstour (auf Anfrage, ab 10 Personen): 10 Euro/Person
- zu regulären Öffnungszeiten
- jeweils inklusive 0,2 L Begrüßungsbier
- Kinder bis 12 Jahre frei
Events mit Biersommelier
Biersommelierabend mit Bierverkostung (5-6 Biere)
- Start: 19 Uhr
- Dauer: 2 Stunden
- Termine: auf Anfrage
- Preis: 32,50 Euro/Person
Erlebnisbesichtigung des Biermuseusm mit “Brauer Bernhard” sowie Bierverkostung
- Start: 18 Uhr
- Dauer: 4 Stunden
- Termine: auf Anfrage
- Preis: 49,95 Euro/Person
Fotos: Diese und viele weitere Fotos vom Wochenende in der TeutoBloggerWG findest Du zur Inspiration auf Flickr. Sie unterliegen meinem Urheberrecht.
Offenlegung: Wie eingangs geschrieben, entstand dieser Beitrag mit finanzieller und organisatorischer Unterstützung von Teutoburger Wald Tourismus. Die TeutoBloggerWG 2022 fand im Rahmen des EFRE-Projekts „Zukunftsfit Digitalisierung“ statt. Das Projekt wird gefördert durch den Europäischen Fonds für regionale Entwicklung und das Land NRW. Weitere Informationen. Meine Meinung bleibt davon unbeeindruckt.
Im Rahmen der TeutoBloggerWG ist bereits erschienen:
Hab ich jetzt ein neues To Do im Teutoburger Wald. Ja! Danke liebe Romy. Auf jeden Fall muss ich deinen wirklich informativen Artikel unbedingt in meinem Bierartikel verlinken. Tolle Eindrücke!
Janett
Es hört nie auf mit den ToDos. :D
Danke für die Verlinkung und Dein Kompliment. <3