Survivors - Blick vom Eingangsbereich in die Ausstellung von Martin Schoeller in Essen.

Martin Schoeller: “Survivors” – Kokerei Zollverein, Essen

Du befindest Dich hier Startseite » Kunst & Kultur » Fotoausstellungen » Martin Schoeller: “Survivors” – Kokerei Zollverein, Essen

Fotograf Martin Schoeller zeigt mit “Survivors” 75 eindringliche, frontale Portraits von Holocaust-Überlebenden auf dem Gelände der Kokerei Zollverein in Essen. 75 Portraits zum 75. Jahrestag der Befreiung von Ausschwitz.

Martin Schoeller zählt zu den beeindruckendsten zeitgenössischen Fotografen. Wie ich schon zu seiner Werkschau im NRW-Forum in Düsseldorf schrieb, ist der ehemalige erste Assistent von Annie Leibovitz mittlerweile selbst ein begehrter Fotograf mit eigenem Studio und Assistenten. Seine extremen Nahaufnahmen, sogenannte Close ups verwendet er auch in seiner Serie Survivors, die nur noch bis zum 13. September 2020 in der Kokerei Zollverein in Essen zu sehen ist.

Ausstellung “Survivors” – Anlass und Entstehung

Die Serie wurde anlässlich des 75. Jahrestages der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz-Birkenau (Januar 2020) konzipiert und aufgenommen. Martin Schoeller portraitiert darin 75 Holocaust-Überlebende. Dafür arbeitete er mit der israelischen Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem zusammen, baute dort sein Set mit den vertikalen Neonlampen auf und sprach mit den Überlebenden, um eine Beziehung zu ihnen aufzubauen, bevor er die sehr persönlichen Nahaufnahmen von ihnen machte.

Survivors-Ausstellung von Martin Schoeller in der Zeche Zollverein/Kokerei Zollverein in Essen.
Survivors von Martin Schoeller – extreme Close ups von Holocaust-Überlebenden

Die Idee zur Ausstellung kam dem deutsch-amerikanischen Fotografen bei einem Treffen mit Kai Diekmann, dem langjährigen Vorsitzenden des Freundeskreises von Yad Vashem. Auch die Gedenkstätte überzeugte die Idee und Martin Schoeller überließ die Auswahl der Portraitierten der Gedenkstätte. Eine Frau ist mir in diesem Zusammenhang besonders in Erinnerung geblieben. Eine über 90-Jährige Überlebende, die regelmäßig noch am Einlass der Gedenkstätte arbeitet und die ganze Zeit im Begleitvideo zur Ausstellung strahlte und trotz der Vergangenheit eine der positivsten Menschen der Welt zu sein scheint.

Auswahl der Portraitierten

Bei der Auswahl der Persönlichkeiten hat Yad Vashem ein gutes Händchen bewiesen. Aus allen Lebenslagen und möglichen Altersgruppen, Ländern, Ghettos und KZs, männlich, weiblich, Rabbi – alle kommen zu Wort. Manche schlugen sich als Partisanenkämpfer durch und kämpften im wahrsten Sinne um ihr Überleben. Andere waren noch Kinder, wurden von anderen Familien versteckt und konnten so dem Holocaust entgehen.

Raum mit unter anderem einen Potraits eines jüdischen Rabbis.
Rechts: der einzige Rabbi in der ganzen Ausstellung

Sie alle erzählten Martin Schoeller ihre Geschichte und oft hatte ich das Gefühl, dass sich diese auch tief in ihre Gesichter eingegraben hat. Die Gräuel der Shoa, der Kampf ums Überleben – das sieht man jedem Einzelnen an. Aber auch die Kraft, Durchhaltevermögen und der Stolz, überlebt zu haben und sich ein eigenes, selbstbestimmtes Leben aufgebaut zu haben, zeigt sich in vielen der Fotos. Martin Schoeller gibt mit Survivors den Opfern des Holocausts ein Gesicht.

“Survivors” – Weltpremiere im Welterbe

Beeindruckend dabei auch die Wahl der Location. In der Kokerei Zollverein, Teil des Welterbes Zeche Zollverein, genauer gesagt in der Kohlemischanlage hängen die 75 Portraits verteilt auf mehrere Räume. Die hohen, kohlegeschwärzten Wände und eine Beleuchtung auf den Punkt sagten Martin Schoeller anfangs nicht zu. Seine Kuratorin Anke Degenhard musste ihn erst von diesem geschichtsträchtigen und sehr dunklen Raum, in dem sich früher das schwarze Gold stapelte, überzeugen.

Gerade aber diese düstere Stimmung des eben nicht weißen und cleanen Raums hat mich besonders berührt. Es vermittelte mir das passende Gefühl zu den Greueltaten und den Geschichten der Überlebenden. Fast vorsichtig bin ich durch die Ausstellung geschlichen. Wollte keinen der Metallplatten zu einem geräuschvollem Schwingen oder Knacken bringen, was sich leider nicht immer vermeiden ließ. Fast unheimlich hallten die Töne durch das Gebäude. Als wäre man aus einem Versteck aufgeschreckt worden. Erwischt von den anderen Besuchern der Ausstellung. Es gibt einem einen Hauch einer Ahnung, wie es für viele der Überlebendenen gegangen sein muss. Immer auf der Hut vor dem nächsten Schritt…

Dunkler Raum in der Kokerei Zollverein, bei der nur die "Survivors" hervorleuchten.
Dunkler Raum in der Kokerei Zollverein, bei der nur die “Survivors” hervorleuchten zu scheinen.

Weitere Ausstellungsorte von Survivors

Mittlerweile hat wohl auch der Fotograf seinen Frieden mit der Location gemacht. Nicht umsonst wurde sie der allererste Ausstellungsort von Survivors überhaupt. Die überlebensgroßen Portraits werden hoffentlich lange durch die Welt reisen. Die nächsten Stationen stehen mit Toronto und Maastricht bereits fest.

Weitere Informationen zu Survivors

UNESCO-Welterbe Zollverein
Areal C [Kokerei], Mischanlage [C70]
Arendahls Wiese
45141 Essen

Der kostenfreie Parkplatz C befindet sich direkt auf der gegenüberliegenden Straßenseite.

Website zur Ausstellung

Anfahrt mittels ÖPNV

  • Straßenbahn 107 (Haltestelle: Zollverein)
  • Regionalbahn RB 32 und 35 (Haltestelle: Zollverein Nord)
  • Bus 183 (Haltestelle: Kokerei Zollverein)

Öffnungszeiten

täglich geöffnet von 11-17 Uhr

Die Ausstellung wurde mehrfach verlängert und lief vom 22.01. bis zum 13.09.2020.

Preise

Pay what you want – der Eintritt ist frei.

Lesetipp*: Martin Schoeller – Survivors: Faces of Life after the Holocaust

Der Katalog zur Ausstellung ist im renomierten Steidl-Verlag erschienen.

Keine Produkte gefunden.

*Affiliate-Link (Werbelink) von amazon.de – ich erhalte beim Kauf über diesen Link eine kleine Provision, die beim Erhalt des Blogs hilft. Danke.


Fotos: Die Motive der Fotos unterliegen dem Urheberrecht von Martin Schoeller, LLC. Die verwendeten Fotos unterliegen meinem Urheberrecht.

Offenlegung: Gemeinsam mit Simon war ich am 01.06.2020 auf eigene Kosten und aus Eigenmotivation in Essen.


Diese Reise könnte Dir auch gefallen!

Dir gefällt dieser Beitrag? Sharing is Caring - Teile gerne diesen Beitrag.

Erhalte jeden neuen Beitrag sofort in Dein Postfach. 📬

Trage Dich ein, um jeden neuen Beitrag direkt per E-Mail zu erhalten.

Ich sende keinen Spam! Erfahre mehr in meiner Datenschutzerklärung.

Newsletter

Garantiert kein Spam! Unregelmäßig, ca. 1x im Monat meine News rund ums Reisen, Kultur & Poutine.

Du erhältst eine sog. Double-Opt-In-E-Mail, in der Du um Bestätigung der Anmeldung gebeten wirst. Du kannst dem Empfang der E-Mails jederzeit widersprechen (sog. Opt-Out). Einen Abmeldelink findest Du in jeder E-Mail oder in der Double-Opt-In-E-Mail. Um den Newsletter und das Blog für Dich zu optimieren, willigst Du in die Auswertung ein, mit der gemessen wird, wie häufig der Newsletter geöffnet und auf welche Links geklickt wird.

Mehr dazu auch in der Datenschutzerklärung.

Romy

Romy (*1981) hat ihre Heimatbasis in der Ruhrmetropole Dortmund und arbeitet als Blogger und Freelancer im Bereich Social Media, Content Strategie und Community Management.

Sie bloggt seit 2006.
Übers Reisen regelmäßiger seit 2013. Wenn sie Zeit dazu findet.

Alle Artikel

Hinterlasse einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert