Linda McCartney - The Polaroid Diaries, C/O Berlin

Linda McCartney:
“The Polaroid Diaries” – C/O Berlin

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The Polaroid Diaries von Linda McCartney im C/O Berlin eröffneten bis 05.09.2020 einen Einblick in den Alltag einer nicht sehr alltäglichen Familie.

Seit rund einer halben Stunde hat das C/O Berlin schon geöffnet, als ich die metallischen Stufen aus dem Untergrund hinauf zum Vorplatz des Bahnhofs Zoo hinauf steige. Ich kann es kaum erwarten, das ehemalige Amerika-Haus auf der Rückseite des legendären Bahnhofs zu betreten, um mehr über Linda McCartney und ihre Fotografien zu lernen. Die Ausstellung “The Polaroid Diaries” wurde am Vorabend (06.03.2020) eröffnet und vermittelt einen sehr privaten Blick auf das Leben der Familie McCartney.

C/O Berlin - Linda McCartney, The Polaroid Diaries
C/O Berlin – Linda McCartney, The Polaroid Diaries

Die Frau des Beatle – Linda McCartney

Als Teil der Generation, die nach den 1960ern oder 1970ern groß geworden ist, war mir Linda McCartney nur als “Frau von…” bekannt. Die Frau des Ex-Beatles-Sängers und Komponisten Sir Paul McCartney. Im Gedächtnis geblieben durch ihren frühen Tod aufgrund von Brustkrebs und einen legendären Auftritt in einer Simpsons-Folge. Die Vegetarierin, die sich mit ihrem berühmten Mann für den Tierschutz engagierte. Fotografin? War mir bis vor Kurzem nicht bekannt. Erst, als ich über ein Plakat der Ludwiggalerie in Oberhausen stolperte (und nun leider voraussichtlich nicht mehr besuchen kann), setzte ich mich mehr mit Linda McCartney auseinander.

Vor ihrer Zeit als “Frau und Mutter von…” hatte Linda McCartney bereits eine eigene großartige Karriere. Für Frauen in den 1960ern nicht unbedingt selbstverständlich. Mein Bild von ihr veränderte sich und mein Respekt wuchsen mit jedem Schritt durch ihre Biografie, die auch noch einmal im C/O Berlin durch einen 1992 erschienen 50-minütigen Dokumentarfilm der BBC hervorgehoben wird. Es ist eine der starken Frauenbiografien, die eigentlich viel mehr Rampenlicht verdient haben.

Wie Linda McCartney zur Fotografie kam

Linda Eastman aus Scarsdale, Upstate New York studierte in Arizona und begann eher durch Zufall mit der Fotografie. Fast autodidaktisch erarbeitete sie sich anfangs vor allem Landschaftsfotografie und nahm fast zufällig auf Kurse am lokalen Kunstzentrum bei Hazel Archer, die bei Josef Albers am Black Mountain College studierte und auch Robert Rauschenberg und viele andere Künstler unterrichtete. Etwa zur gleichen Zeit heiratete Linda einen Geologen und bekam Tochter Heather (31.12.1962). Doch die Ehe hielt nicht lange.

Nach der Scheidung, alleinerziehend, die Mutter bei einem Flugzeugabsturz verloren, zog es Linda 1965 zurück nach New York, wo sie als Empfangsdame beim Magazin “Town & Country anfing zu arbeiten. Die Fotografie war nicht mehr als ein Hobby, als Linda die Chance bekam, die Rolling Stones zu fotografieren. Ihre intimen und entspannten Portraits ermöglichten ihr den Durchbruch.

Die Fotografin der Musiker

In den kommenden Jahren fotografierte sie im Fillmore East, New York die aufstrebenden Helden einer ganzen Generation – Jimi Hendrix, Jim Morrison (The Doors), The Who, Janis Joplin, Bob Dylan, Aretha Franklin, uvm. Sie war die erste Frau, die mit einem Portrait von Eric Clapton ein Cover für das Rolling Stone Magazine fotografierte.

It felt being in Hollywood at the time when Hollywood was relatively innocent. We all knew something was happening but it wasn’t discovered yet … People who later become icons were on the brinks of their careers, wondering whether anybody was ever going to notice them … That’s what made it exciting to be taking photographs. It was before the self-consciousness set in. I wanted to record what was there – every blemish, every bit of beauty, every emotion. I wasn’t interested in manufacturing a show-business image. I would rather photograph a wrinkled apple than a made-up, smooth, glamorous man. Hence the reason I never got into fashion photography.

Linda McCartney

Ihre Musikerportraits, die auf Albumcovern zu sehen sind und den musikalischen 1960er Jahren ein Gesicht geben, haben sich ins kollektive Gedächtnis gebrannt – ohne, dass das es vielleicht einem bewusst ist, von wem diese Ikonen der Fotografie stammen. Denn als Linda Eastman die Chance hatte, die Beatles zu fotografieren, Paul McCartney 1967 in London kennen lernte und 1969 heiratete, erlebte sie das Schicksal vieler unabhängiger Frauen vor ihr. Sie wurde Hausfrau und Mutter. Das hat sie nie bereut, doch stellte es einen Bruch in ihrer Karriere als Fotografin dar.

The Polaroid Diaries

Sie wendete sich ab von der schillernden Musikerwelt und hin zum Familienleben mit vier Kindern, dem Leben auf ihrer Farm in Tuscon, Arizona, Kochen und Kunsthandwerk. Von da an fotografierte sie keine Musiker mehr und widmete sich eher dem tagebuchartigen Stil, den ihr die Polaroid-Kameras in den 1970er Jahren ermöglichten. Vielleicht auch ein Grund, warum sie oft als bedeutende Fotografin des 20. Jahrhunderts übersehen wurde.

Arizona spielte dabei auch in den 1970ern und 1980ern eine wichtige Rolle für Linda McCartney. Sie beschrieb Arizona als einen der visuellsten US-Staaten, in dem sie die unendlichen Anhöhen erkunden und die “besonderen” Sonnenuntergänge beobachten konnte – und einfach frei sein. Dort fand sie visuelle Inspiration für ihre Arbeit und es half ihr, ihren entspannten Stil zu entwickeln.

Sie war immer offen für die kleinen Momente des Alltags, die sie viel mehr interessierten als inszenierte Bilder. Sie wollte echte Momente.

Mary McCartney

Die Dokumentation des Alltäglichen

Rund 250 dieser Polaroids zeigt das C/O Berlin bis zum 06. Juni 2020 und gibt einen Einblick in das Leben der Familie McCartney. Ein wenig voyeuristisch fühlt man sich in das Leben des Ex-Beatles und seiner Familie hineingezogen – ob Urlaub auf Jamaica oder Barbados oder in den eigenen vier Wänden, die Ausstellung nimmt einen mit hinter die Kulissen.

Dabei sind es keine Schnappschüsse, die wir hier präsentiert bekommen. Im Gegenteil. Linda McCartney zeigt auch in diesen alltäglichen Situationen ein Gespür für den Moment. Sie experimentiert und schafft kleine Serien, die vielleicht auf den ersten Blick banal und möglicherweise uninteressant wirken. Doch bei genauem Hinsehen eröffnen sich hier Geschichten und Anekdoten, die einem zu schmunzeln bringen, die skurril sind und auch die verschiedensten Frisuren von Paul und Linda über die fast 30 Jahre ihrer Ehe zelebrieren.

Unbeschwerte Einblicke auch in das Leben der Kinder. Die Polaroids vermitteln mir das Gefühl, in einem Landhaus in England zu sein, die Fotos auf dem Kaminsims zu bewundern oder in den Fotoalben der Familie McCartney zu stöbern. Es fehlt nur noch eine Tasse heißen Earl Greys und das Gefühl wäre perfekt. Dabei ist es eigentlich relativ anstrengend, all die kleinen Fotos anzusehen. Teilweise nagen die Zeichen der Zeit an ihnen. Andere sind beschriftet oder bemalt. Immer gibt es aber etwas auf diesem kleinen Format zu entdecken.

Fotograf David Bailey sagte mal über Lindas Arbeit:

I once told Linda that she should stop taking photos of Paul and her family and concentrate on other things. I think I was wrong … I don’t know if it is art or not, but I do know that as a social document they are far more important than pictures of the rich and famous.

David Bailey

Die experimentellen Werke von Linda McCartney

Am Anfang der Ausstellung entdeckst Du auch Großformate, die Linda McCartney u.a. mit ihrer 8×10-Kamera aufgenommen hat. Diese Großformatkamera ist nicht das Werkzeug für spontane Mehrfachaufnahmen, sondern erfordert präzises Arbeiten. Linda McCartney zeigt bei diesen Fotos deutlich den Gespür für den Moment, um das Bild zu bekommen, welches sie wollte. Etwas, was auch ihre Tochter Mary, ebenfalls Fotografin, bei der Auswahl der Fotos aus dem Archiv für verschiedene Ausstellung immer betont. Linda McCartney hatte einen untrüglichen Instinkt, wann der perfekte Moment war, um den Auslöser zu bedienen.

I think you just feel instinctively, you got to just click on the moment. Not before it and not after it. I think if you are worried about light meters and all that stuff, you just miss it. For me it just came from my inners, as they say. Just exitement. I love it – I get very excited. 

Linda McCartney

In ihrer gesamten Schaffenszeit beschäftigte sich Linda McCartney mit den unterschiedlichsten Genres und Fotografietechniken beschäftigt. Sie liebte es, mit alten Techniken zu experimentieren. Historische Techniken wie “sun prints” oder Cyanotypien, wie sie direkt am Eingang der Ausstellung zu finden sind und zeigt mit den Polaroids die Bandbreite Linda McCartneys, die Du Dir nicht entgehen lassen solltest.

Weitere Informationen zur Ausstellung

C/O Berlin Foundation
Amerika Haus
Hardenbergstraße 22-24
10623 Berlin

Website

Ausstellung “Linda McCartney – The Polaroid Diaries”

Die Ausstellung sollte ursprünglich vom 07.03. bis 06.06.2020 laufen. Sie wurde aufgrund der Coronakrise am 14.03. geschlossen, war seit dem 21.05.2020 wieder zu besichtigen und wurde bis zum 05.09.2020 verlängert. Den Bericht habe ich geschrieben, bevor alle Kultureinrichtungen schlossen. 
Parallel dazu liefen die zwei Ausstellungen “Francesca Woodman – On Being An Angel” und “Sophie Thun – Extension”, die ebenfalls verlängert wurden.

Lesetipps*:

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Öffnungszeiten

  • Ausstellungsräume: täglich 11–20 Uhr ab 21.05.: Donnerstag bis Sonntag, 11-20 Uhr
  • Café: täglich 10–20 Uhr während der Ausstellungszeit bietet das C/O Berlin x Barkin’ Kitchen Café einen To-Go-Service an.

Hinweis zur Wiedereröffnung seit dem 21.05.2020: Es wird Zeitfenstertickets für bis zu 100 Personen geben, die gleichzeitig die Ausstellungräume besuchen können. Ein Mund-Nasen-Schutz ist zur Erhöhung der persönlichen Sicherheit verpflichtend sein.

Eintritt

  • regulär (ab 18 Jahren): 10 Euro
  • ermäßigt: 6 Euro
  • Gruppe ab 10 Personen: 8 Euro/5 Euro (ermäßigt)
  • Jahreskarte: 50 Euro
  • Jahreskarte (ermäßigt): 30 Euro

Kinder/Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt.

Alles Tickets können vor Ort oder Online gebucht werden. Online kommt eine Ticketgebühr von 2,15 Euro pro Ticket hinzu.

Hinweis zur Schließung im März/April/Mai 2020: Ist die Gültigkeit Deiner Jahreskarte in dieser Zeit abgelaufen, dann verlängert das C/O Berlin die Gültigkeit um bis zu zwei weitere Monate.

Öffentliche Führungen

Zusätzlich gibt es jeden Samstag und Sonntag 14 Uhr und 16 Uhr (deutsch) sowie am Samstag 18 Uhr (englisch) Führungen (ca. 60 min., 5 Euro zusätzlich zum Eintritt).

Öffentliche Führungen finden bis auf weiteres nicht statt und sollen, wenn möglich, zu einem späteren Zeitpunkt nachgeholt.


Foto: Die vier bis zum 05.09.2020 verwendeten Pressefotos zur Ausstellung wurden mir vom C/O Berlin zur Verfügung gestellt und unterliegen dem angegebenen Urheberrecht von Paul McCartney und seiner Familie. Nach Ende der Ausstellung am 05.09.2020 musste ich diese Fotos leider von meiner Seite nehmen, da die Nutzungsrechte nur bis zum Ausstellungsende galten. 

Offenlegung: Die Ausstellung habe ich aus eigenem Interesse und auf eigene Kosten besucht.


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Romy

Romy (*1981) hat ihre Heimatbasis in der Ruhrmetropole Dortmund und arbeitet als Blogger und Freelancer im Bereich Social Media, Content Strategie und Community Management.

Sie bloggt seit 2006.
Übers Reisen regelmäßiger seit 2013. Wenn sie Zeit dazu findet.

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