I Am You, Gordon Parks - Selected Works, Ausstellung in Berlin

Gordon Parks: „I Am You“ –
C/O Berlin

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Gerade in den Zeiten, in der der Rassismus wieder erstarkt, beeindruckte mich eine Ausstellung in Berlin. Die Ausstellung eines schwarzen Fotografen, der schon mehr als zwanzig Jahre vor der Aufhebung der Rassentrennung in den USA weiße Models für die Vogue fotografierte und zum ersten schwarzen festangestellten Fotografen des „Life“-Magazin wurde. Sein Name: Gordon Parks.

„I AM YOU“ – Gordon Parks, Selected Works 1942-1978

Durch Zufall stolperte ich über diese Ausstellung mit ausgewählten Werken von Gordon Parks im C/O Berlin in Charlottenburg. In der Nähe des Bahnhofs Zoo im Amerika Haus, findet „I Am You“ noch bis zum 04. Dezember 2016 statt. Sie konzentriert sich auf eine sehr spannende Zeit seines künstlerischen Schaffens: 1942-1978.

 

Diskrepanz in der Fotografie

Die Ausstellung zeigt, wie Gordon Parks sich von ganz unten hochgearbeitet, seinen Traum gelebt und sich über jede gesellschaftliche Norm der damaligen Zeit in seinem Land positiv hinweggesetzt hat. Er schaffte es, Hochglanzmodefotos zu fotografieren, aber auch gleichzeitig Fotostrecken über die Armut der schwarzen Bevölkerung in Harlem zu produzieren. Dieser Zwiespalt in seiner Kunst hat ihm nicht immer Freunde gemacht.

Gordon Parks Ausstellung "I Am You" in Berlin

 

Zeitlebens setzte sich Gordon Parks mit der Ungerechtigkeit und Diskriminierung fotografisch auseinander, dokumentierte die Armut in aller Welt und engagierte sich auch in der amerikanischen Bürgerrechtsbewegung (Civil Rights Movement). Dennoch fotografierte er parallel Mode für Vogue, Condé Nast und Life. Er war mit Gloria Vanderbilt liiert und ging in der weißen High Society ein und aus.

Harlem is Nowhere/Harlem Gang Leader (1948) & Standard Oil (1944-48)

Auch die Ausstellung zeigt diese Gegensätze. Es finden sich Bilder von Modeshootings neben Fotostrecken, die Kriminalität und Armut nicht verherrlichen. So sind Bilder aus der Serie „Harlem is Nowhere“ zu sehen, eine erste Zusammenarbeit mit dem Autor Ralph Ellison. Die Fotos zeigen die harte Realität der schwarzen Bevölkerung im New Yorker Stadtteil Harlem. Parallel dazu finden sich Fotos einer schwarzen Gang und ihrem Anführer Red Jackson („Harlem Gang Leader“), der z.B. lässig mit einer Zigarette aus dem Fenster sieht.

Ab 1944 wurde Gordon Parks von Roy Stryker, seinem Mentor, für Standard Oil durch die USA und Kanada geschickt. Auf dieser Reise sollte er dokumentieren, wie Öl das Leben der Menschen positiv beeinflusst. Aus diesem Zyklus stammen die unten zu sehenden Fotos hart arbeitender Menschen, die mich in der Ausstellung am Meisten beeindruckten.

Harlem is nowhere, Gordon Parks
Harlem is nowhere

American Gothic – Government Work (1942-44)

Doch eigentlich beginnt die Ausstellung mit eher düsteren Fotostrecken, die für die regierungseigene Farm Security Administration (FSA) in den 1940er Jahren entstanden. Darunter auch Gordon Parks wohl berühmtestes Bild „American Gothic“ (August 1942), welches Ella Watson zeigt. Die Putzfrau der FSA, die daraufhin gefeuert wurde, steht erschöpft mit Mop und Besen in der Hand vor der amerikanischen Flagge – ein Symbol für die soziale Ungerechtigkeit in den USA. In der weiteren Serie sieht man auch Ellas Alltag mit ihrer adoptierten Tochter und den Enkeln.

Gordon Parks - American Gothic (gemeinfrei, via Wikipedia)
Von Gordon Parks – Library of Congress Prints and Photographs Division, Farm Security Administration – Office of War Information Photograph Collection. https://hdl.loc.gov/loc.pnp/fsa.8b14845, Gemeinfrei, Link

A Man Becomes Invisible (1952)

Bei „A Man Becomes Invisible“ für Life arbeiteten Parks und Ellison erneut zusammen. Denn Ralph Ellison verdankt dem 1952 erschienen Roman „The Invisible Man“ seine Berühmtheit. Mit Gordon Parks setzte er gemeinsam das Hauptmotiv „soziale Unsichtbarkeit“ in Fotos um. Auf großflächiger Tapete sieht man in der Ausstellung die Kontaktabzüge des schwarzen Mannes, der im Gulli verschwindet und so unsichtbar gegenüber der Gesellschaft wird.

The Invisible Man (im Hintergrund "Back to Fort Scott"), Gordon Parks
The Invisible Man (im Hintergrund „Back to Fort Scott“)

Familie Fontenelle (1967)

Ein weiterer beeindruckender Bereich in der Ausstellung widmet sich der Familie Fontenelle, die Gordon Parks 1967 fotografisch begleitete. Die bettelarme, schwarze Familie aus Harlem wurde das Gesicht der urbanen Armut Amerikas, als Parks die Geschichte im März 1968 in Life veröffentlichte. Bessie, Norman und ihre acht Kinder stehen im Mittelpunkt und besonders beeindruckt hat mich das Foto, wo Bessie mit vier der Kinder beim Sozialamt sitzt. Der leere und traurige Blick der Kinder ist erschreckend. Andere Fotos zeigen auch warum. Die Familie hat oft nicht genug Geld für Essen und so haben die Kleinsten angefangen, Putz von der Wand zu essen.

Rund einen Monat verbrachte Gordon Parks mit der Familie. Schnell gehörte er quasi zur Familie dazu. Hunderte Fotos entstanden in dieser Zeit, von denen insgesamt 25 Fotos als „A Harlem Family“ erschienen. Die Bevölkerung nahm großen Anteil am Schicksal der Familie und Dank eines Spendenaufrufs konnte ein neues Heim und ein Job für Norman ermöglicht werden. Doch den weiteren Abstieg der Familie konnte auch dies nicht aufhalten. Etwa drei Monate nach Einzug starben Norman und ein Sohn im Feuer, welches das Haus vernichtete. Die Familie zog zurück nach Harlem, AIDS und die Straßen trugen ihr übriges bei. Nur einer der Jüngeren – Richard – schaffte es, sich bis in die Mittelschicht hochzuarbeiten und verehrte Gordon Parks bis zu seinem Tod.

Vielleicht lag Gordon Parks so viel an der Familie, weil er selbst das Jüngste von 15 Geschwistern war und nach dem Tod der Mutter selbst lange in großer Armut lebte. Er hielt sich mit vielen Gelegenheitsjobs über Wasser, u.a. als Barpianist in einem Bordell in Minnesota, bevor er als Fotograf berühmt wurde.

Back to Fort Scott (1950), Black Muslims (1963), Civil Rights (1963-1970) & Mohammad Ali (1966/1970)

Beeindruckende Portraits und das alltägliche Leben bestimmten oft die Bilder von Gordon Parks. 1950 wurde er vom Life Magazin in seinen Geburtsort Fort Scott in Kansas zurück geschickt, um seine Klassenkameraden aus der Grundschule aufzuspüren. Doch stattdessen fotografierte er spielende Kinder, alte Frauen (Mrs. Jefferson) im Lehnstuhl auf der Veranda, ein Ehepaar in Sonntagskleidung auf dem Weg zur Kirche. Die Fotos „Back to Fort Scott“ wurden aussortiert und werden in der Ausstellung nun zum ersten Mal in Deutschland gezeigt.

In den 1960er Jahren zeigte Parks vermehrt Interesse am Civil Rights Movement und muslimischen Schwarzen. Er traf auf Malcolm X, Muhammad Ali, den Gründer und Hauptakteuren der Black Panther Party Kathleen und Eldridge Cleaver, begleitete die „Nation of Islam“ und fotografierte muslimische Nonnen wie Ethel Sharrieff. Die Portraits, die neben denen von Duke Ellington hängen, begleiten eine Reihe von Fotos, die während des Marschs auf Washington und der Rede von Martin Luther King entstanden.

Marsch auf Washington, Gordon Parks
Marsch auf Washington

Flavio (1961/64)

Auf der anderen Seite des Raums, gegenüber der schwarzen Prominenz des Civil Right Movements, hängt ein weiterer Meilenstein von Gordon Parks künstlerischen Schaffens. Als Fotograf war er nicht nur in Nordamerika tätig. Viele Fotos von Muhammad Ali zum Beispiel entstanden in London. Für eine Story für Life besuchte er 1961 die Favelas in Rio, um das Elend in den Slums zu dokumentieren und lernte dort die Familie da Silva kennen. Der älteste Sohn, der 12-Jährige Flavio, wurde zum Zentrum der Story. Der an Asthma erkrankte Junge musste nach eine Erkrankung seines Vaters für die Familie den Lebensunterhalt verdienen und sein Gesundheitszustand verschlechterte sich zusehends. Auch hier half Gordon Parks mit der Leserschaft von Life und Flavio konnte in den USA behandelt werden.

Zu der Zeit suchte sich Gordon Parks auch neue künstlerische Herausforderungen und mit „Flavio“ veröffentlichte er 1964 seine erste Regiearbeit, zu dem er auch das Drehbuch schrieb. Dieser Film sollte nicht die letzte Arbeit als Regisseur sein. Gordon Parks berühmtestes Werk dürfte der Blaxploitation-Klassiker „Shaft“ aus dem Jahr 1971 sein.

The Learning Tree (1969)/Segregation Story (1956)

Doch schon vor dem Drehbuch zu „Flavio“ betätigte sich Gordon Parks als Schriftsteller. Insgesamt verfasste er zwischen 1963 und 2005 fünf autobiographische Werke. Seinen Erstling „The Learning Tree“ brachte er auch als Regisseur und Drehbuchautor auf die Leinwand (auf Deutsch „Hass“).

Beeindruckend waren aber auch die thematisch dazu passenden Fotos aus „Segregation Story“, die über die Rassentrennung in den Südstaaten in Alabama entstanden. Es sind eine der wenigen Farbfotos der Ausstellung und schließen gemeinsam mit „The Learning Tree“ die Werksschau ab.

Segregation Story/Marsch auf Washington
Segregation Story/Marsch auf Washington

Warum Du Gordon Parks kennen solltest

Gordon Parks war auf jeden Fall ein wunderbarer Fotograf, Regisseur, Schriftsteller, aber auch Musiker und Mitbegründer von „Essence“, dem Lifestyle-Magazin für Afroamerikaner, welches auch noch heute existiert. Eine rastlose künstlerische Seele, der sich über gesellschaftliche Normen hinweg setzte, diese Normen fotografisch beleuchtete, sich für gesellschaftlich Benachteiligte einsetzte und dennoch auch dem schönen Schein deswegen nicht abschwor.

I saw the camera could be a weapon against poverty, against racism, against all sorts of social wrongs. (1999)

Natürlich konnte ich nicht alle Aspekte der Werksschau beleuchten, doch Du musst ja auch einen Anreiz haben, noch in die Ausstellung zu gehen. ;)

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Weitere Informationen zur Ausstellung

C/O Berlin Foundation
Amerika Haus
Hardenbergstraße 22-24
10623 Berlin

Website

Ausstellung Gordon Parks  I am you . Selected Works 1942 – 1978

Die Ausstellung fand vom 10.09.-04.12.2016 im C/O Berlin statt.

Website zur Ausstellung

Öffnungszeiten

  • Ausstellungsräume: täglich 11–20 Uhr
  • Café: täglich 10–20 Uhr

Geschlossen am Donnerstag, 24.11.16 ab 16 Uhr

Eintritt

    • regulär (ab 18 Jahren): 10 Euro
    • ermäßigt: 6 Euro
    • Gruppe ab 10 Personen: 8 Euro/5 Euro (ermäßigt)
    • Jahreskarte: 50 Euro
    • Jahreskarte (ermäßigt): 30 Euro

Kinder/Jugendliche unter 18 Jahren haben freien Eintritt.

Alles Tickets können vor Ort oder Online gebucht werden. Online kommt eine Ticketgebühr von 2,15 Euro pro Ticket hinzu.

Öffentliche Führungen

Zusätzlich gibt es jeden Samstag und Sonntag 14 Uhr und 16 Uhr (deutsch) sowie am Samstag 18 Uhr (englisch) Führungen (ca. 60 min., 5 Euro zusätzlich zum Eintritt).

Diese und mehr Fotos sind auf Flickr zu finden.
Die Ausstellung habe ich aus eigenem Interesse und auf eigene Kosten besucht. 

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Romy

Romy (*1981) hat ihre Heimatbasis in der Ruhrmetropole Dortmund und arbeitet als Blogger und Freelancer im Bereich Social Media, Content Strategie und Community Management.

Sie bloggt seit 2006.
Übers Reisen regelmäßiger seit 2013. Wenn sie Zeit dazu findet.

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