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Gustav Mahlers 8. Sinfonie, “Sinfonie der Tausend”
Das letzte Philharmonische Konzert einer Spielzeit ist immer etwas ganz Besonderes. Ein triumphales Finale, welches sich der Generalmusikdirektor Gabriel Feltz zum Ende der Spielzeit 2017/2018 in seinem 5. Jahr in Dortmund aufgehoben hat (Der Vertrag von Herr Feltz wurde über 10 Jahre abgeschlossen – es ist also gerade Halbzeit und wir können uns noch auf fünf weitere, spannende Jahre freuen!).
Logistische Meisterleistung auf der Bühne
Gustav Mahlers “Sinfonie der Tausend” bekam diesen Beinamen tatsächlich, weil in der Uraufführung 1910 mehr als 1.000 Musiker und Sänger mitgewirkt haben. Das erklärt auch schon sehr umfassend, warum dieses Stück eher selten aufgeführt wird. In Dortmund hörten wir „nur“ ca. 300 Mitwirkende, die fast alle auf der Bühne und auf den darüber liegenden Balkons untergebracht werden mussten.
Im Detail waren das 16 erste Violinen, 14 zweite Violinen, zwölf Bratschen, zehn Violoncelli, neun Kontrabässe, sechs Flöten , fünf Oboen, sechs Klarinetten, fünf Fagotte, acht Hörner, acht Trompeten, sieben Posaunen, eine Tuba, fünf Schlagwerke (inklusive Kirchenglocken), vier Harfen und je eine Mandoline, ein Klavier, eine Celesta, ein Harmonium und die grandiose Orgel des Konzerthauses. Um den Gesang kümmerten sich der Tschechische Philharmonische Chor Brno mit 65 Sängern, der Slowakische Philharmonische Chor Bratislava, ebenfalls mit 65 Sängern und der Knabenchor der Chorakademie Dortmund mit etwa 30 Sängern sowie acht wunderbare Solisten (Sopran: Emily Newton, Michaela Kaune, Ashley Touret, Alt: Iris Vermillion, Mihoko Fujimura, Tenor: Brenden Patrick Gunnell, Bariton: Markus Eiche, Bass: Karl-Heinz Lehner).
In Mahlers Schaffen einmalig von Aufbau und Größe, aber eine letzte schöne Gelegenheit, Emily Newton zu hören, die lange in Dortmund zu sehen war und zur nächsten Spielzeit nach Nürnberg wechselt. Ich werde sie sehr vermissen. Auch Ashley Thouret verlässt Dortmund und singt zum Abschluss in der zweiten Hälfte der Sinfonie vom Balkon –fast unsichtbar, aber engelsgleich – einfach schön.
Musikalischer Aufbau der Sinfonie der Tausend
Jetzt aber endlich zur Musik! Mahler greift in seiner Symphonie nicht auf den klassischen Aufbau von vier Sätzen zurück, sondern teilt seine 8. Sinfonie schlicht in zwei Teile mit satzähnlichen Elementen. Der erste Teil ist dem lateinischen Hymnus „Veni Creator Spiritus“ aus dem 9. Jahrhundert gewidmet, der zweite Satz stellt die Vertonung von Goethes “Faust. Der Tragödie zweiter Teil” dar.
Etwas, was vordergründig nichts miteinander zu tun hat – aber bei Mahler doch. Es geht um Liebe als erlösendes Prinzip, die Vorstellung eines Gottes und der Überwindung des Todes. Musikalisch gibt es viele, sich oft überlagernde Motive. Im ersten Teil entspricht Mahler der alten Vorlage durch eine alte Kompositionstechnik: durch den maximal komplizierten Kontrapunkt. Die erste Strophe ist dabei ein Appell an den Schöpfergeist. Die nächste Strophe wird von einer tiefen Glocke eingeläutet und wechselseitig von den Chören besungen, wobei sich die Atmosphäre immer mehr wie auf einem Schlachtfeld anfühlt. Wenn dann das hymnisches Gloria diesen Teil beendet, ist das tumultartig. Ein wenig wie großer Krach – und da ist die Musik wirklich körperlich spürbar. Irgendwie werden wir alle Teil des Klangkörpers.
Der Zweite Teil ist eine Reihe von Variationen über die Liebe. Erst herrscht eine fast bedrückende Stimmung, die sich aber bald zur „überirdischen heiteren Himmelsmusik mit Harfen, Harmonium und Celesta“ auflöst. Das Finale ist vor allem mittels Fernorchester (auf dem der Bühne gegenüberliegenden Balkon) nochmal ein echter Höhepunkt – eine große Prachtentfaltung. Ein einmaliges Erlebnis und zu Recht mit Standing Ovations!
Das Spielzeitfinale 2017/2018 war mit Sicherheit das größte und prächtigste Konzert der Spielzeit. Großartig von allen Beteiligten dargeboten – und in aller Pracht nicht kitschig. In Zukunft auch zum unendlich oft genießen in den eigenen vier Wänden. Die Dortmunder Philharmoniker unter der Leitung von Gabriel Feltz haben es sich nicht nehmen lassen, dieses einmalige Erlebnis aufzunehmen.
Fotos: Anneliese Schürer/Dortmunder Philharmoniker
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