Eine Gruppe von Menschen steht und sitzt in einer modernen Museumshalle mit großen Fenstern. An der Wand steht in fetter Schrift "FRAU IN BLAU". Die Ausstellungsinformation bezieht sich auf Alma Mahler. Ein großes weißes Mobile hängt von der Decke, und ein Kinderwagen steht in der Nähe.

Die Frau in Blau – Oskar Kokoschka & Alma Mahler, Museum Folkwang, Essen

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Alma Mahler-Werfel ist eine faszinierende Persönlichkeit des letzten Jahrhunderts gewesen. Eine Dame der höheren Gesellschaft Wiens, bekannt mit den wichtigsten Künstlern ihrer Zeit, verheiratet mit Gustav Mahler und Walter Gropius. Dazwischen verwickelt in abenteuerliche Affairen wie mit dem Maler Oskar Kokoschka. Dieser kurzen, aber spannungsgeladenen Zeit und den dabei entstandenen Kunstwerken widmete das Museum Folkwang in Essen vom 20. März bis zum 22. Juni 2025 eine kleine, aber feine Sonderausstellung.

Alma Mahler-Werfel, geborene Schindler. Ein großer Name, oft nicht in Begleitung schöner Worte. Dabei war sie meiner Meinung nach einfach eine moderne Frau, die zur falschen Zeit geboren wurde. Dazu eine schöne Frau, die das Begehren der Männer ihrer Zeit weckte – was oftmals zu Problemen führte.

Alma Schindler und die älteren Männer

Noch nicht erwachsen “raubte” Gustav Klimt ihr den ersten Kuss. Sie war 17 und er war 17 Jahre älter. Heute nennt man es creepy. War es damals sicherlich auch. Er reiste ihr in den Urlaub nach Italien nach. Der Stiefvater, Carl Moll, unterband Schlimmeres.

Gustav Klimt war als die erste große Liebe in mein Leben gekommen, aber ich war ein ahnungsloses Kind gewesen, ertrunken in Musik und weltfern dem Leben. Je mehr ich an dieser Liebe litt, desto mehr versank ich in meiner eigenen Musik, und so wurde mein Unglück zur Quelle meiner größten Seligkeiten.

Dazu war sie außergewöhnlich musikalisch begabt. Sie nahm kompisitorischen Unterricht bei Alexander von Zemlinsky. Sie komponierte eine Reihe von Liedern nach den Gedichten von Heine oder Rilke – und hatte eine stürmische Affaire mit ihm, die aber wohl nicht zum Äußersten ging. Das fand er nicht so gut. Ein Jahr lang ging das so, dann lernte sie Dirigent und Komponist Gustav Mahler kennen und heiratet ihn kurz darauf im März 1902. Auch er war viel älter – um genau zu sein 19 Jahre älter als die damals 22-jährige Braut.

Gesellschaftlicher Aufstieg als Alma Mahler, künstlerischer Abstieg als verheiratete Frau

Sie hatte ein Händchen für unpassende Beziehungen in den Augen ihrer Eltern. Mahler und Zemlinsky waren keine gern gesehenen Verbindungen, da der aufkeimende Antisemitismus sich auch in der Wiener Gesellschaft breit machte und die jüdischen Wurzeln der beiden als nicht standesgemäß angesehen wurden. Dazu der Altersunterschied, Gerüchte über Krankheit und Armut – Freunde und Familie reagierten auf die Ehe sehr verständnislos.

Dazu kam der gesellschaftliche Druck, der auf einer Ehe zur damaligen Zeit lastete. Eine Frau, die arbeitete oder gar komponierte? Das passte auch dem eigenen Mann nicht. Er forderte sie schon vor ihrer Hochzeit auf, ihr Komponieren zu unterlassen. Vielleicht auch aus Angst, sie könnte mehr Talent haben? Wir werden es wohl nie erfahren.

Er hält von meiner Kunst gar nichts – von seiner viel – und ich halte von seiner Kunst gar nichts und von meiner viel. So ist es! Nun spricht er fortwährend von dem Behüten seiner Kunst. Das kann ich nicht. Bei Zemlinsky wärs gegangen, denn dessen Kunst empfinde ich mit – das ist ein genialer Kerl.

Was hätte also aus Alma, der Künstlerin werden können, wenn sie 100-120 Jahre später geboren worden wäre? Doch es ist, wie es ist. Bald darauf kommt es zu Schwangerschaft und Mutterschaft zweier Mädchen. Wie in vielen Ehen brachte dies nicht unbedingt Schwung in die Paarbeziehung. Unterschiedliche Erwartungen prallten aufeinander, keiner war so recht glücklich. Der Tod der ersten Tochter Maria verstärkte den Graben zwischen ihnen. Sie widmete sich ausgiebigen Kuren und lernte den damals noch jungen und fast unbekannten Architekten Walter Gropius kennen, mit dem sie eine außereheliche Affaire begann.

Befreites (Liebes-)Leben als Witwe Mahler

Natürlich blieb dies nicht unentdeckt. Doch kein Grund, die Affaire ad acta zu legen. Mahler bemühte sich nun verstärkt um Alma, widmete ihr die 8. Sinfonie, ließ einige ihrer komponierten Lieder drucken und aufführen. Aber dann erkrankt der herzkranke Mahler schwer auf seiner letzten USA-Reise. Kaum zurück, verstirbt er am 18. Mai 1911 in Wien.

Die junge Witwe, in der Blüte ihrer Jahre, wohlhabend, blieb nicht lang allein. Zahlreiche Affairen und Heiratsanträge soll sie gehabt und bekommen haben, auch mit glühenden Verehrern der Musik ihres verstorbenen Mannes wie Paul Kammerer, ein verheirateter Biologe, umgab sie sich. Er drohte damit, sich am Grab Gustav Mahlers zu erschießen, wenn sie seine Liebe nicht erwidern würde – daraufhin beendete Alma Mahler den Kontakt im Frühjahr 1912.

Auch Gropius war bis Ende 1911 noch aktuell. Doch er brach mit ihr – vorläufig – als er erfuhr, dass sie bis zu Mahlers Tod auch mit ihrem eigenen Ehemann immer noch sexuellen Kontakt hatte. Es gab kein Exklusivrecht für die Affaire. Das kratzte wohl am Ego.

Alma Mahler lernt Oskar Kokoschka kennen

Ihr Stiefvater Carl Moll beauftragte Anfang 1912 das Enfant terrible der Wiener Kunstszene, den expressionistischen Maler Oskar Kokoschka, ein Portrait von Alma anzufertigen. Als sie sich bei einem Abendessen im Hause der Familie Moll am 12. April 1912 kennenlernten, war es um den als gewalttätig geltenden Kokoschka geschehen. Eine erste Skizze von Alma entsteht.

An einer weißen Wand hängt ein verziertes, goldgerahmtes Gemälde einer Frau mit gewelltem Haar und düsterem Gesichtsausdruck - Alma Mahler, gezeichnet von Oskar Kokoschka. Daneben ist eine einfache, braun gerahmte Bleistiftskizze eines Kopfes auf hellbraunem Papier zu sehen. Neben jedem Kunstwerk sind kleine weiße Plakate angebracht.
Porträt Alma Mahler (1912) und gleichnamige Skizze (1912, rechts)

Wie schön sie war, wie verführerisch hinter ihrem Trauerschleier! Ich war verzaubert von ihr!

Dies beruhte wohl auf Gegenseitigkeit. Er schrieb ihr einen Liebesbrief, den sie am nächsten Tag in den Händen hielt – und 400 weitere sollten dem folgen. Genauso viel Schaffenskraft entwickelte er in seiner Kunst, denn wenn sie nicht miteinander schliefen, saß sie ihm Modell und er malte sie. Ausgiebig. Er schuf bis zum Ende ihrer “Amour Fou” (1915) rund 450 Gemälde und Zeichnungen, die mit ihr in Zusammenhang gebracht werden.

Als erstes entsteht das Porträt von Alma Mahler (1912), welches Alma Mahler 1916 dem Folkwang Museum und seinem Gründer Karl Ernst Osthaus, einem Freund Gropius und ihres Stiefvaters Moll, schenkt. Auch die erste Kreideskizze gehört zur Schenkung und ist bis heute Teil der Sammlung des Museum Folkwangs. Doch 1920 entscheidet sich Alma Mahler um und fragt Osthaus um Rückgabe des Portraits, welches dann bis zu ihrem Tod in ihrer Wohnung hängen wird. Heute gehört es dem National Museum of Modern Art Tokyo. Zehn Zeichnungen blieben dem Folkwang erhalten.

Zwölf gerahmte abstrakte schwarze Tuschezeichnungen sind in einem 3x4-Raster auf einer hellen Galeriewand ausgestellt. Jedes Werk weist einzigartige, ausdrucksstarke Linien und Formen auf. An der rechten Seite der Kunstwerke sind zwei kleine, weiße Informationstafeln angebracht.
Der gefesselte Columbus (1913) – 12 Kreidezeichnungen, Kunstsammlung und Archiv, Universität für angewandte Kunst Wien

Das langsame Ende der Liebe zwischen Alma und Oskar

Doch der unberechenbare Provokateur und Exzentriker wurde Alma bald zu viel. Hemmungslose Eifersucht und Besessenheit ergriffen ihn und richtete sich gegen Freunde, Bekannte und auch gegen ihren verstorbenen Ehemann. Heute fällt diese besitzergreifende Art unter toxische Männlichkeit.

Die drei Jahre mit ihm waren ein Liebeskampf. Niemals zuvor habe ich so viel Hölle, so viel Paradies gekostet.

Doch Alma Mahler trug auch ihr Schärflein dazu bei, dass diese Beziehung nicht besonders harmonisch verlief. Sie wurde 1912 von ihm schwanger und trieb das Kind ab. Das war damals sicherlich nicht legal, aber auch schon während ihrer Ehe mit Gustav Mahler soll sie zu diesem drastischen Mittel gegriffen haben, um selbstbestimmter leben zu können. Die Abtreibung überwand Kokoschka seelisch nur schwer und verarbeitete dies in seinen Werken, wie im Stillleben mit Putto und Kaninchen (1913/14). Das ungeborene Kind am Rand, die Katze als Symbol für Alma zum Sprung bereit, der Maler als Hase, der sie mit seinem Blick fixiert.

An einer weißen Wand hängt ein gerahmtes abstraktes Gemälde, das verzerrte tierähnliche Figuren in dynamischen Posen vor einer dunklen Berglandschaft zeigt. Links daneben beschreiben zwei kleine weiße Museumsschilder das Kunstwerk und den Künstler.
Stillleben mit Putto und Kaninchen (1913/14), Kunsthaus Zürich

Auf Dauer ging das also zwischen den beiden nicht gut. Er versuchte zwar, sie zur Ehe zu überreden, doch Alma zog sich mehr und mehr zurück, unternahm lange Reisen mit ihrer Freundin Lilly Lieser und unterhielt eine Brieffreundschaft mit Gropius.

Das Verlobungsbild – Doppelbildnis Oskar Kokoschka und Alma Mahler

Druck übte er auch mit seiner Kunst aus. Das sog. Verlobungsbild ist für mich so ein Beispiel. Er malt Alma und sich einander zugewandt, aber auch seltsam distanziert. Sie scheinen den Betrachtenden anzusehen. Die Hände berühren sich, sind aber nicht ineinander verflochten. Sie in einem auffälligen roten Morgenmantel, den sie von ihm geschenkt bekam. Doch die penetrante Farbe gefiel ihr nicht, so dass Oskar ihn an sich nahm, selbst im Atelier trug und der zu einem Fetisch für ihn wurde.

An einer weißen Wand hängt ein gerahmtes Gemälde, auf dem ein Mann (Oskar Kokoschka) und eine Frau (Alma Mahler) mit ernster Miene zu sehen sind. Die Frau trägt ein rosafarbenes Gewand, der Mann eine braune Jacke. Ihre Hände berühren sich sanft. Der Stil ist ausdrucksstark mit kräftigen Pinselstrichen und gedämpften Farben.
Doppelbildnis Oskar Kokoschka und Alma Mahler (1912/1913), Museum Folkwang

Als das Doppelbildnis im Frühjahr 1913 auf der 26. Ausstellung der Berliner Secession ausgestellt wird, sieht es auch Walter Gropius. Er erkennt die Zuneigung der beiden zueinander. Die Aussage ist eindeutig gewesen. Alma hatte ihm das bereits seit einem Jahr existierende Verhältnis verheimlicht. Er zog sich daraufhin wieder zurück. Er wollte Alma, aber nicht geteilt mit anderen Männern.

Oskar Kokoschkas künstlerische Zeichen der Liebe

In Essen hingen weitere Zeugnisse seiner Liebe zu Alma. Insgesamt sieben bemalte Fäher schenkte er ihr zwischen 1912 und 1914 – “Liebesbriefe in Bildersprache”. Besonders der dritte Fächer ist von größerer Bedeutung im Schaffen von Kokoschka. Die verschiedenen Szenen zeigen die gemeinsame Italienreise der Beiden 1913. Das zentrale Motiv bildet die Vorlage zu seinem späteren berühmten Werk “Die Windsbraut”.

Ein dekorativer Handfächer mit schwarzem Sockel und Rippen ist in einer durchsichtigen Vitrine untergebracht. Der Fächer ist geöffnet und zeigt eine bunte, abstrakte Landschaftsillustration mit Bergen und dynamischen Linien in Blau-, Grün-, Braun- und Rottönen. Es ist der dritte Fächer für Alma Mahler, der 1913 entstand.
Dritter Fächer für Alma Mahler (1913), Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg

Heute existieren übrigens nur noch sechs der sieben Fächer. Angeblich hat Walter Gropius später einen der Fächer aus Eifersucht im Kamin verbrannt – I like good gossip. Die restlichen Fächer behielt Alma bis zu ihrem Lebensende. Sie hatten anscheinend eine große Bedeutung für sie.

Sechs dekorative Handfächer - die sechs Fächer für Alma Mahler - sind in transparenten Vitrinen an einer weißen Wand in zwei Dreierreihen angeordnet. Jeder Fächer zeigt aufwändige, farbenfrohe Kunstwerke mit verschiedenen Szenen und Mustern, und alle haben unterschiedliche Griffdesigns und Farben.
Sechs Fächer für Alma Mahler (1912-1914), Museum für Kunst und Gewerbe, Hamburg

Außerdem zeigte das Museum Folkwang ein großes, längliches Wandgemälde für Alma Mahlers Ferienhaus in Breitenstein am Semmering (Niederösterreich). Das Haus (Villa Mahler) kaufte Gustav Mahler noch zu seinen Lebzeiten. Hier traf sich das Who is Who der Wiener Gesellschaft und auch alle Ehemänner von Alma waren hier zu Gast.

Ein langes, schmales Gemälde zeigt chaotische, ineinander verschlungene menschliche Figuren in Erdtönen, mit ausdrucksstarken Gesichtern und Gesten. Unten links im Vordergrund scheinen sich zwei weiße, skulpturale Figuren zu umarmen. Das Kunstwerk ist an einer schlichten, hellen Wand angebracht. Es handelt sich um das Wandgemälde für Alma Mahler (1914).
Wandgemälde für Alma Mahler (1914), Privatsammlung

Oskar Kokoschka malte ein großes Fresko über dem Kamin – mich zeigend, wie ich in gespensterhafter Helligkeit zum Himmel weise, während er in der Hölle stehend von Tod und Flammen überwuchert scheint. Das Ganze ist als Fortsetzung des Flammenspiels vom Kamin hinauf gedacht.

Alma sieht sich in ihrem Tagebucheintrag als eine Lichtgestalt, die ihren umherirrenden Geliebten den Ausweg aus der Hölle in Richtung Himmel weist.

Alma Mahlers Liebe zwischen den Fronten

Während Kokoschka die Beziehung in zahlreichen Bildern verarbeitete, kühlte sich Verhältnis der beiden zusehends ab. Für Alma Mahler war, wie dem Tagebucheintrag von 1914 zu entnehmen, die Beziehung beendet. Er wollte das nur nicht so ganz wahr haben. Sie traf sich Anfang 1915 mit Gropius in Berlin, während Oskar Kokoschka noch seinen Frontdienst (Erster Weltkrieg) ableistete. Zu diesem hatte Alma ihn auch noch als “Freiwilligen” getrieben.

Mit Oskar möchte ich abrechnen. Er taugt nicht mehr in mein Leben. Er reißt mich zurück ins Triebhafte. Ich kann damit nichts mehr anfangen. Und so lieb und hilflos dieses große Kind ist, so unverlässlich ja verräterisch ist er als Mann. Ich muss ihn aus meinem Herzen reißen! Der Pfahl steckt tief im Fleisch. Ich weiß, dass ich durch ihn krank bin – seit Jahren krank – und konnte mich nicht losreißen. Jetzt ist der Moment da. Weg mit ihm! – Meine Nerven sind ruiniert – meine Phantasie verdorben. Welcher Unhold hat mir den gesandt?

Auch Gropius musste noch an die Front und in der Zwischenzeit nutzte Alma Mahler die Gelegenheit und etablierte ihren Wiener Salon, in dem Kunstschaffende wie Johannes Itten, Gerhart Hauptmann oder Arthur Schnitzler ein und aus gingen. Am 18. August heiratete sie den späteren Bauhaus-Gründer während eines Sonderurlaubs von der Front.

Am 29. August wurde Oskar Kokoschka schwer an der russischen Front durch ein Bajonett verletzt. Zu den psychischen (Liebes-)Qualen kamen also auch noch physische hinzu. In Wien meldete man ihn dazu versehentlich als tot. Auch Alma Mahler glaubte dieser Todesnachricht und holte ihre Briefe und einige Zeichnungen und Skizzen aus seinem Atelier.

Alma Mahler als Puppe – der Fetisch von Oskar Kokoschka

Die Nachricht von Almas Heirat mit Gropius beendete schlagartig jegliche Beziehung zwischen den beiden. Doch Oskar Kokoschka konnte nicht ohne Alma. Er wandte sich nach einem Sanatoriumsaufenthalt in Dresden und dem Besuch einer Pupenausstellung im Kunstsalon Richter mit detailiertesten Anweisungen an die Puppenmacherin Hermine Moos.

Diese sollte in München für ihn Ende 1918 eine lebensgroße Alma-Puppe anfertigen, die ihn über den Verlust der echten Alma hinweg trösten sollte. Als Vorlage schickt er eine lebensgroße Aktdarstellung sowie zahlreiche, sich teilweise widersprechende Anweisungen mit.

Ein gerahmtes Gemälde einer stehenden menschlichen Figur, eine stilisierte Alma Mahler, mit groben, strukturierten Pinselstrichen in Creme-, Beige- und Brauntönen auf dunkelbraunem Hintergrund hängt an einer hellgrauen Galeriewand, neben zwei Wandschildern mit Text. Die Figur erscheint abstrakt und blickt nach oben.
Stehender weiblicher Akt (1918), Privatsammlung

Die Alma-Puppe in Oskar Kokoschkas Werken

Doch die Puppenmacherin konnte ihn nicht zufriedenstellen. Das Ergebnis war für ihn enttäuschend. Doch dieser Puppenfetisch fand dennoch Einzug in seine Kunst. In zahlreichen Werken ist “Die stille Frau” zu sehen – wie im Bild “Frau in Blau”, das namensgebende Bild der Ausstellung. Es istd das erste Gemälde, in dem die Puppe eine zentrale Rolle spielt. Doch auch seine Malweise, sein künstlerischer Ausdruck hatte sich mit der Puppe verändert.

Ein strukturiertes Gemälde einer liegenden Frau - die Alma Mahler nachempfunde Puppe - in einem blauen Kleid mit tiefem Ausschnitt, das mit ausdrucksstarken, dicken Pinselstrichen wiedergegeben ist. Das Bild ist schwarz gerahmt und hängt an einer weißen Wand neben zwei kleinen Informationsschildern. Der Hintergrund ist überwiegend blau und grün.
Die Frau in Blau (1919), Staatsgalerie Stuttgart

Die Puppe, die er auch ankleidete, zeichnete er in zahlreichen Skizzen und Studien. Immer wieder griff er das Motiv der Frau in Blau auf. Auch später taucht die Alma-Puppe immer wieder in seinen Bildern auf. Final in den 1922 entstandenen Bildern Mann mit Puppe sowie Selbstportrait an der Staffelei. Bei letzterem eher schon an den Rand gedrängt und nicht mehr als zentrales Element.

Kokoschka zerstörte die Puppe 1922 schließlich selbst. Er schlug ihr den Kopf ab. Nicht zu Freuden der Nachbarn, die die Teile im Garten für eine echte Leiche hielten und die Polizei riefen.

Der Schweizer Künstler Denis Savary schuf 2007 vier an Kokoschkas Alma angelehnte Puppen, von denen auch zwei in der kleinen Sonderausstellung gezeigt wurden. Sie unterscheiden sich in kleinen Details – nichtsdestotrotz sind und waren alle Puppen einfach ziemlich gruselig.

Zwei menschenähnliche Skulpturen (Puppen nach der Alma-Puppe von Kokoschka) mit hellgelbem Fell stehen in einer Galerie mit weißen Wänden und Holzböden; die eine sitzt auf einem weißen Sockel, die andere lehnt an der Wand. Beide haben weiße Hände, Füße und Gesichter mit braunem Haar und neutralem Gesichtsausdruck.
Denis Savary – Alma (2007), Musée Jenisch Vevey & MAMCO – Musée d’art moderne et contemporain, Geneva

Alma Mahler-Werfel, eine beeindruckende Frau mit Fehlern

Trotz allem ist und war Alma Mahler-Werfel eine faszinierende Persönlichkeit. Durchaus auch als Muse verschrien, hatte sie doch wenig Einfluss auf ihre Männer und deren Schaffen, konnte und durfte ihre eigene Kreativität und Kunst dazu kaum ausleben. Der damals salonfähige Antisemitismus, den sie an den Tag legte, änderte sich auch nicht mit den Beziehungen zu als jüdische geltenden Männern wie Mahler. Auch nicht mit der Geburt ihrer später als “Halbjüdinnen” verschrienen Kinder oder die Flucht in die USA nach dem Anschluss Österreichs an das Dritte Reich änderte sie ihre Meinung. Sie soll sich überlegen gefühlt haben, aber wohl eher aus Herrschsucht.

Sagen wir es mal so: sie galt als eine der schönsten Frauen ihrer Zeit, Klimt hat sich um sie gerissen, andere haben ihr Musik (u.a. Arnold Schönberg, Alban Berg und Benjamin Britten sowie natürlich Gustav Mahler) und Gemälde gewidmet, sie kannt u.a. Freud, Thomas Mann, Max Reinhardt, Alfred Döblin und die Wiener Secessionisten. Das Who is Who der Musik-, Kunst- und Literaturszene.

Dazu war sie sicherlich hochintelligent – aber eben eine Frau. Ich möchte ihren Antisemitismus nicht schön reden und schon gar nicht, wie sie teilweise abfällig über ihre Kinder mit jüdischem Background sprach. Doch es waren seltsame Zeiten. Antisemitismus wurde zusehens gesellschaftsfähig. Dazu konnte sie sich als Frau noch kaum einen eigenen Namen machen, wurde aber dennoch als Witwe von Gustav Mahler und Verwahrerin seines Nachlasses hochverehrt. Das kann zu Kopf steigen und seltsame Auswüchse bekommen.

Wie ich schon eingangs schrieb: eine kluge, charismatische Frau, die zu einer anderen Zeit sicherlich Großes hätte hervorbringen können und ein Opfer ihrer Zeit wurde.

Museum Folkwang

Museumsplatz 1
45128 Essen

Webseite zur Ausstellung

Die Sonderausstellung “Frau in Blau” lief vom 20. März bis 22. Juni 2025.
Der Eintritt dazu sowie zur Sammlung generell ist kostenlos.

Öffnungszeiten:
Dienstag, Mittwoch, Samstag, Sonntag: 10-18 Uhr
Donnerstag, Freitag: 10-20 Uhr
Feiertage: 10-18 Uhr
geschlossen am Rosenmontag, Heiligabend, 1. Weihnachtsfeiertag sowie Silvester

Die ständige Sammlung lohnt übrigens sehr und zeigt u.a. Werke der Bauhaus-Meister und Gropius-Wegbegleiter Wassily Kandinksy, László Moholy-Nagy und Lyonel Feininger sowie weiteren Künstlern der Moderne, des Hard Edge und vielen weiteren Richtungen. So begegneten mir nach der Kosmos Kandinsky-Ausstellung in Potsdam hier erneut u.a. Werke von Frank Stella, Kenneth Noland und Donald Judd.


Fotos: Diese und weitere Fotos zur Sammlung und zur Sonderausstellung “Frau in Blau” findest Du für einen Eindruck auf Flickr. Sie unterliegen meinem Urheberrecht. Das Museum Folkwang hat ein Urheberrecht an der Hängung. Manche Bilder unterliegen noch dem Urheberrecht der Erben der entsprechenden Künstler.

Offenlegung: Ich war privat und auf eigene Kosten in Essen.


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Romy

Romy (*1981) hat ihre Heimatbasis in der Ruhrmetropole Dortmund und arbeitet als Blogger und Freelancer im Bereich Social Media, Content Strategie und Community Management.

Sie bloggt seit 2006.
Übers Reisen regelmäßiger seit 2013. Wenn sie Zeit dazu findet.

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