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Beim 9. Philharmonischen Konzert 2018/19 der Dortmunder Philharmoniker unter dem Motto „Wege und Gefährten“ kamen drei anscheinend unterschiedliche Musiker zu Wort – Maurice Ravel, Witold Lutosławski und Felix Mendelssohn Bartholdy.
Maurice Ravel – Le Tombeau de Couperin
Anfangs war Le Tombeau de Couperin (dt.: Das Grabmahl Couperins) – eine Klaviersuite in sechs Sätzen – von Maurice Ravel als Verneigung vor der französischen Barockmusik und dem französischen Komponisten François Couperin gedacht. Doch 1914 brach der Erste Weltkrieg aus. Ravel wurde erst nicht eingezogen, da er als zu klein und zu leicht befunden wurde. Er wollte aber unbedingt an die Front und setzte dafür Himmel und Hölle in Bewegung. Schließlich nahm man ihn – als medizinischen Assistenten und Fahrer. Er war den Strapazen aber nicht gewachsen und wurde im Oktober 1916 in Heimaturlaub geschickt.
Dort arbeitete er weiter an Le Tombeau de Couperin. Nun widmete er die einzelnen Sätze seinen gefallenen Kameraden und orchestrierte anschließend auch den Klavierzyklus. Damit hatte er schon vorher Erfolg gehabt. In der Orchesterfassung ließ Maurice Ravel zwei Sätze aus und vertauschte zwei weitere Sätze für einen effektvolleren Schluss.
Melancholie und Fröhlichkeit, barocke Melodien und Modernität – hier trifft sich alles und verwirbelt sich in ein furioses Finale.
Witold Lutosławski – Cellokonzert
Das Cellokonzert des polnischen Komponisten Witold Lutosławski ist wieder eines der Stücke, die mir die Dortmunder Philharmoniker unterschieben. Es ist eines der Stücke, die mir komplett unbekannt sind. Aber auch eins von denen, die ich dann ganz umwerfend finde. Dennoch sage ich es besser gleich: Es funktioniert nur live. Hör Dir keine Aufnahme davon an, das klappt nicht. In diesem Stück kämpft das Cello mit dem Orchester. Das ist live unglaublich spannend. Erst kommt das Cello alleine daher, nach über vier Minuten fahren die Trompeten dann dazwischen. Der Konflikt ist eröffnet. Die Klarinetten versuchen zu klären, doch die Blechbläser unterbrechen immer wieder unerbittlich.
Das Cellokonzert ist noch viel spannender zu hören, wenn das Cello wie an diesem Abend von Johannes Moser gespielt wird. Dieser Virtuose spielt nicht nur das Cello unglaublich (gerade in der Anfangsfantasie dieses Stückes kann Moser seine ganze Ausdrucksbreite präsentieren), er geniesst auch den Streit mit dem Orchester. Das Werk beinhaltet für die Musiker einige Freiheiten, die vom Gastdirigenten Antony Hermus großartig angeleitet werden. Die Kombination Moser – Orchester – Hermus klappt super.
Die Geschichte hinter Lutosławskis Cellokonzert
Lutosławskis Cellokonzert wird oft politisch verstanden. Als die Auflehnung des Individuum gegen das politische System (in der Sowjetunion). Das kommt vor allem aus der Aufführungsgeschichte. Das Werk wurde von der Royal Philharmonic Society in Auftrag gegeben und am 14. Oktober 1970 in der Royal Festival Hall in London uraufgeführt.
Dort spielte der sowjetische Cellist Mstislaw Rostropowitsch, der 14 Tage vorher öffentlich den neuen Literaturnobelpreisträger Alexander Solschenizyn gegen Repressalien der Sowjetischen Regierung verteidigt. Als die Engländer Rostropowitsch bei der Uraufführung die Goldmedaille der Royal Philharmonic Society verliehen, war der Skandal perfekt.
Felix Mendelssohn Bartholdy – 3. Sinfonie a-moll op. 56, “Schottische”
Als letztes Stück von “Wege und Gefährten” spielten die Dortmunder Philharmoniker die „Schottische“ von Felix Mendelssohn Bartholdy. Der erst Zwanzigjährige, aber schon berühmte Felix Mendelssohn Bartholdy besuchte auf einer ausgedehnten Europareise auch Schottland. Begeistert vom Land schrieb er vor Ort auf Holyrood Palace (die offizielle Residenz der britischen Königin in Schottland, Edinburgh) die Skizze der Musik, die er später zu Ende schreiben will.
Die nächste Station war Italien und er legt die Sinfonie erst einmal zur Seite. “Erst einmal” dauerte in diesem Fall zwölf Jahre. Dann ging aber alles ganz schnell. Er kramte die Sinfonie zur Jahreswende 1841/42 wieder hervor und am 3. März spielte er bereits die Uraufführung im Leipziger Gewandhaus, dessen Kapellmeister er zu dieser Zeit war.
Die Stimmung ist melancholisch, es wabern musikalische Nebelfelder durch das Konzerthaus. Anschließend kommt Sturmmusik (hat sich Wagner hier für den Holländer bedient?) auf. Ohne Unterbrechung werden die Sätze aus einem Guss gespielt. Das macht die Leichtigkeit aus. Es gibt nur eine Generalpause kurz vor dem hymnischen Finale.
Damit ging ein ganz wunderbarer Abend mit “Wege und Gefährten” zu Ende.
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