Thailand ist beliebt bei Auswanderern. Sie sind überall im Land zu finden, im ländlichen Nordosten oder im verrufenen Pattaya, auf der modernen Insel Phuket oder in der Großstadt Chiang Mai. Sie kommen wegen der günstigen Lebenshaltungskosten, den freundlichen Einwohnern und dem tropischen Klima. Auswanderer kommen aus den USA, aus Russland, aus Europa, aus dem Nahen Osten und zunehmend aus China. Doch ist Chiang Rai ein ideales Ziel zum Auswandern nach Thailand?
Ich lebe in Chiang Rai, der nördlichsten Provinz Thailands. Nahe am Golden Triangle, dem Dreiländereck, das seinen Namen dem Reichtum der großen Opiumschmuggler vergangener Zeiten zu verdanken hat.
Kann ich die Gegend hier empfehlen für Auswanderer? Meine Antwort auf diese Frage ist eine klares Jein.
Was hat Chiang Rai für Auswanderer zu bieten?
Die nördlichste Provinz Thailands ist als Reiseziel bei den Leuten aus Bangkok sehr beliebt. „Agaht yen“ – kühles Wetter ist die Begründung. Dabei hat die Gegend hier so viel mehr zu bieten als nur angenehm kühle Temperaturen im Winter.
Menschen
Da sind zunächst einmal die Einwohner Thailands, die es einem Ausländer so einfach machen sich hier wohlzufühlen. Auch wenn man nach und nach hinter die Fassade schauen lernt, macht das berühmte Lächeln der Thais den Umgang angenehm.
Wie oft war ich schon von einer Hilfsbereitschaft erstaunt, wie ich sie in meinem Heimatland selten erleben konnte. Der Respekt vor Älteren ist in der thailändischen Kultur genauso als Erziehungsziel verankert wie die Einstellung, bei anderen Menschen keine unangenehmen Gefühle verursachen zu wollen.
Essen
Die thailändische Küche ist die beste der Welt. Punkt. In Vielfalt und Geschmackskombinationen unübertroffen. Hier in Nordthailand bekommt man neben den südthailändischen Curries auch die Varianten ohne Kokosmilch. Ein Khao Soy oder Hang Lä ist mindestens genauso lecker, wie das berühmte Massaman-Curry.
Ananas, Bananen und Papaya gibt es das ganze Jahr über. Weitere 20 Obstsorten – von Mango über Lychee zu Durian – nur in der jeweiligen Saison. Als Tourist lernt man nur wenige der vielen Gemüsesorten kennen, die täglich auf dem Markt angeboten werden. Gesünder kann man sich kaum ernähren.
Landschaft
„Lanna“ war ein mächtiges, nordthailändisches Fürstentum mit eigener Kultur. „Lan na“ bedeutet „eine Million Reisfelder“. So finden sich weite Flächen mit Reisfeldern eingebettet in Hügel- und Bergketten. Diese sind mit dschungelartigem Wald bedeckt, aus dem häufig schroffe Felsformationen herausragen. Ein faszinierender Anblick.
Zwei Berge in der Provinz Chiang Rai sind berühmt geworden. Auf dem Doi Chang wird der beste Kaffee Thailands angebaut – und in die ganze Welt exportiert. Wo thailändischer Kaffee draufsteht, ist meist Doi Chang drin.
Der Doi Nang Non ist bekannt geworden durch die wunderbare Rettung der 13 Jugendlichen einer Fußballmannschaft aus einer Höhle. Beide Berge laden ein zu einem Ausflug. Denn das Straßennetz ist gut ausgebaut.
Lebenshaltungskosten
Das Leben in Chiang Rai kann sehr günstig sein. Die durchschnittlichen Einkünfte liegen bei einem Drittel bis Viertel unter dem mitteleuropäischer Länder. Entsprechend stark ist die Kaufkraft unseres Geldes. Dennoch gilt: je mehr man wie Einheimische leben kann und will, um so günstiger wird es; je mehr man westliche Produkte konsumieren will, um so teurer wird es.
Oder anders ausgedrückt: Im Inland produzierte Produkte sind für uns Westler verhältnismäßig günstig, importierte Waren verhältnismäßig teuer. Man kann tatsächlich von 800 Euro leben. Die Frage ist, wer damit zufrieden ist. Wohl nur Minimalisten oder extreme Naturliebhaber.
Community
Hier gibt es eine vergleichsweise kleine, aber aktive Auswanderergemeinde. Der Chiang Rai Expat Club ist zwar hauptsächlich englischsprachig, bietet dafür aber viele Aktivitäten von Sport bis Kultur. Wer mit offener Einstellung durch die Welt geht, wird auch schnell deutschsprachigen Anschluss finden.
Und sonst?
In Chiang Rai Stadt bekommen Ausländer alles, was sie brauchen. Neben Delis und Supermärkten mit ausländischen Produkten gibt es italienische, australische und chinesische Restaurants. Die Krankenhäuser der großen Anbieter brauchen sich nicht zu verstecken. Baumärkte und Einrichtungshäuser sind nicht nur bei den Ausländern beliebt. Im Central Plaza geht man nicht nur in der heißen Jahreszeit an den Schaufenstern bummeln. Bei angenehm klimatisierten Temperaturen versteht sich.
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Also was passt mir nicht?
Es gibt einen Grund, warum ich Chiang Rai nicht von ganzem Herzen für Auswanderer empfehlen kann. Einen einzigen.
Wie gesagt lieben die Leute aus Bangkok Chiang Rai wegen des guten Wetters. Denn hier gibt es, anders als in den südlichen Landesteilen, vier richtige Jahreszeiten. Ab März steigen langsam die Temperaturen an, um im Mai in der heißen Jahreszeit zu gipfeln. 40 Grad sind dann keine Seltenheit. Jede Bewegung oder jedes heiße Getränk löst Schweißausbrüche aus. Das lässt sich mit Siesta und Klimaanlage ganz gut schaffen.
Wenn im Mai die kühlen Sommergewitter Erleichterung gebracht haben, sind ab Juni die Regenschauer länger und häufiger. Die Regenzeit hat begonnen. Auch wenn die Luftfeuchtigkeit sehr hoch ist, wird man durch kühlende Regenschauer und fantastischen Wolkengebilden belohnt. Diese Jahreszeit zieht sich bis Mitte September.
Ab Oktober nehmen die Temperaturen langsam ab. Ende November ist die beste Reisezeit für den Norden Thailands. Wälder und Reisfelder sind sattgrün, aber es regnet nicht mehr und es ist deutlich kühler geworden. Während der nächsten vier Monate sollte es so gut wie gar nicht regnen. Zu Beginn der heißen Jahreszeit wirken Natur und Gärten deutlich trockener.
Burning Season in Chiang Rai
Aber vorher kommt noch die Jahreszeit, wegen der ich Chiang Rai nur bedingt für ältere Auswanderer empfehlen kann: Die sogenannte Burning Season oder Smog-Saison. Die Feinstaubbelastung steigt dann auf PM 2,5 Werte von bis zu 500 Mikrogramm pro Kubikmeter Luft. Die EU-Grenzwerte liegen bei 25 Mikrogramm. Die Sicht verringert sich auf unter einen Kilometer, manchmal auch darunter. Klare Sicht auf die Berge? Fehlanzeige. Angenehme Luft beim Besichtigen der schönen Tempel? Wird mit einem Husten beantwortet.
Ausgelöst werden diese extremen Werte durch Brandrodung, Abfackeln von Reisstroh oder den Resten der Maisernte. Aber auch die Suche nach einer besonderen Art von Waldpilz, der angeblich nur auf abgebranntem Waldbogen wächst, oder auch dem Ausräuchern von Wildbienen beim Sammeln von Honig führt immer wieder zu unkontrollierten Waldbränden.
Zur Linderung während dieses bis zu zwei Monate anhaltenden Zustandes wählen viele Ausländer Luftreiniger. Diese Geräte lassen die Luft durch Filter zirkulieren. Fenster bleiben geschlossen und manche gehen so weit, dass sie mit Klebestreifen an den Türen und Fenstern jeden kleinen Luftschlitz verschließen.
Leider kann diese miserable Luftqualität bei empfindlichen Menschen zu Husten und Atembeschwerden führen. Langzeitfolgen wie Atemwegserkrankungen und Herzkrankheiten sind von Mensch zu Mensch unterschiedlich stark ausgeprägt. Einige Ausländer verbringen in dieser Zeit ein paar Wochen im Süden am Meer oder anderen Gegenden mit gesunder Luft.
Ich fühle mich wirklich wohl in Chiang Rai. Aber während der Burning Season frage ich mich, warum ich gerade im Norden Thailands hängen bleiben musste. Ja, ich zweifle, ob das eine gute Idee ist, gerade hier alt zu werden. Dann ist die Burning-Season vorbei und ich kaufe im Laden an der Ecke bei der Frau mit dem hinreißenden Lächeln eine frische Mango. Ich plaudre ein wenig mit dem Nachbarn über unsere Katze und schon sieht die Welt wieder ein bisschen besser aus.
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Offenlegung: Danke für den Gastbeitrag an Stefan im Rahmen des Bloggerwichtelns 2021/22.
Fotos: Die Fotos unterliegen dem Urheberrecht des:der jeweils angegebenen Urheber:in.
Sehr interessante Infos, Stefan. Ich fand Chiang Rai auf unserer damaligen Reise auch sehr schön. Dass die Burning Season nerven kann, kann ich mir vorstellen. Ich würde wahrscheinlich auch zu der Zeit einfach woanders Urlaub. Oder macht ein Expat in Thailand niemals Urlaub in anderen Ländern? ;-)
Hallo Sabine,
sag Bescheid, wenn du mal wieder in der Gegend bist ;-)
Tatsächlich bietet Thailand so viel, dass manche Auswanderer gar nicht mehr weg wollen. Ein Freund aus Chiang Mai dagegen war ständig unterwegs in Südostasien. Meine Reiselust wurde in den letzten beiden Jahren ein wenig ausgebremst.
Viele Grüße
Stefan
Hallo Stefan
Habe Chiang Rai vor gut 15 Jahren zum ersten Mal kennengelernt, in noch jungen Jahren. Viele Monate habe ich dort verbracht, weil ich mich in die Stadt und die Region verliebt hatte. Überdies lernte ich in einem Restaurant auf dem Nightbazaar meine heutige Frau kennen. Für mich ist und bleibt es eine der schönsten Regionen von Thailand und es ist immer wieder spannend zu sehen, wie sich im Laufe der Zeit alles ändert.
Liebe Grüsse
Hallo Daniel,
ja, ich glaube, da sind wir uns einig. Es ist eine der schönsten Gegenden Thailands. Das kennst du alles, oder? https://stefaninthailand.de/chiang-rai-sehenswuerdigkeiten
Viele Grüße
Stefan
Hallo nach Chiang Rai, wie ich gelesen habe gibt es keinen genauen Start der Burning Season. Wir würden gerne Ende Januar für 5 Tage nach Chiang Mai reisen. Ist das schon zu spät und die Stadt voll Smog?
Liebe Grüße
Dagmar
Hallo Dagmar,
in den letzten Jahren war der Januar immer gut.
Viel Spaß in Chiang Mai
Stefan
Hallo Stefan,
danke für die Info, dass beruhigt mich .
Alles Gute